Donnerstag,
20. September 2018
Jesus begegnet der Sünderin
Hl. Andreas Kim Taegon, Hl. Paul Chong Hasang und Gefährten, Märtyrer
Gedenktag
Hl. Eustachius,
Märtyrer
Dr. med. Christoph Kunkel
Lk 7,36-50
In jener Zeit ging Jesus in das Haus eines Pharisäers, der ihn zum Essen eingeladen
hatte, und legte sich zu Tisch. Als nun eine Sünderin, die in der Stadt lebte, erfuhr, dass er im Haus des
Pharisäers bei Tisch war, kam sie mit einem Alabastergefäß voll wohlriechendem Öl und trat von hinten an ihn
heran. Dabei weinte sie, und ihre Tränen fielen auf seine Füße. Sie trocknete seine Füße mit ihrem Haar,
küsste sie und salbte sie mit dem Öl. Als der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, dachte er: Wenn
er wirklich ein Prophet wäre, müsste er wissen, was das für eine Frau ist, von der er sich berühren lässt;
er wüsste, dass sie eine Sünderin ist. Da wandte sich Jesus an ihn und sagte: Simon, ich möchte dir etwas
sagen. Er erwiderte: Sprich, Meister! Jesus sagte: Ein Geldverleiher hatte zwei Schuldner; der eine war ihm
fünfhundert Denare schuldig, der andere fünfzig. Als sie ihre Schulden nicht bezahlen konnten, erließ er sie
beiden. Wer von ihnen wird ihn nun mehr lieben? Simon antwortete: Ich nehme an, der, dem er mehr erlassen
hat. Jesus sagte zu ihm: Du hast Recht. Dann wandte er sich der Frau zu und sagte zu Simon: Siehst du diese
Frau? Als ich in dein Haus kam, hast du mir kein Wasser zum Waschen der Füße gegeben; sie aber hat ihre
Tränen über meinen Füßen vergossen und sie mit ihrem Haar abgetrocknet. Du hast mir zur Begrüßung keinen
Kuss gegeben; sie aber hat mir, seit ich hier bin, unaufhörlich die Füße geküsst. Du hast mir nicht das Haar
mit Öl gesalbt; sie aber hat mir mit ihrem wohlriechenden Öl die Füße gesalbt. Deshalb sage ich dir: Ihr
sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie mir so viel Liebe gezeigt hat. Wem aber nur wenig vergeben wird,
der zeigt auch nur wenig Liebe. Dann sagte er zu ihr: Deine Sünden sind dir vergeben. Da dachten die anderen
Gäste: Wer ist das, dass er sogar Sünden vergibt? Er aber sagte zu der Frau: Dein Glaube hat dir geholfen.
Geh in Frieden!
Einführendes Gebet: Beim Anblick dieser überfließenden weiblichen Liebe wird mir ganz mulmig. Und da merke ich, wie geizig ich bin und dürftig ich gebe.
Bitte: Gott, schau doch auf meine mäßigen Gaben und vermehre sie.
1. Die Erklärung des Unerklärlichen ist mein Bewerten. Ein gewaltiger Abschnitt im Lukasevangelium! Jesus spricht über das immerwährende Aburteilen des anderen, die Selbstgerechtigkeit des Bewertens, die Hochmütigkeit des aufgeblähten Selbst. Und woher kommt das? Es läuft der Mensch mit seinem tierischen Erbteil des Stammes und dessen Hierarchien herum und daraus sich ergebend – seiner steten Neuzuordnung der eigenen Stellung entgegen – in dieser urmenschlichen Machtkonstellation gegen seine eigenen heiligen, erhabenen gotteskindlichen Seiten an. Wenn ich selbstverblendet erkenne, dass Gott momentan nicht gut genug bewertet, dann muss ich es wohl selbst tun. Mein Bewerten, das ist die Erklärung des Unerklärlichen der so ungeheuer weiten Wirklichkeit, die Gott in den Händen hält und die mich schwindeln macht. Bewertung verhindert Offenheit für diese Weite.
2. Aburteilen aus Existenzfurcht. Und so suche ich Halt an meinen eigenen Maßstäben. Dies ist reine Existenzfurcht und Schuld inmitten meiner Sterblichkeit, inmitten einer überwältigenden, verwirrenden Welt. Aber hätten wir den wahren moralischen Durchblick, müssten wir vor Scham verstummen. "Jesus, ich will dir ähnlich werden." Sprechen wir dies aus, so wird die eigene Verhärtung offenbar, stets trotzig geleugnet, aber wahr.
3. Hinter der Verkrustung das Auferstehungslicht. Sähen wir nicht nur den Prediger Jesus, weil das "fassbarer" ist als der Auferstandene, so könnte aus unserer Persönlichkeit dieses Auferstehungslicht leuchten. Dann bliebe das alles nicht im Moralischen stecken. Jesus zeigt Gottes Versprechen, das seit Noahs Zeiten immerwährend neu erklärt wurde, aber zu ritueller und sozialer Verkrustung führte und doch gilt. Durch Jesu gegenwärtige Verkündigung schimmert stets der göttliche Vollendungswunsch. In der Fußsalbung der Sünderin gibt ein Mensch die Fülle seiner Liebe an Gott.
Gespräch mit Christus: Herr, lass mich dieses alten Bundes gegenwärtig sein und verstehen, dass du von Anfang an die Erlösung der ganzen Natur willst. In Christus zeigst du uns, wie wir mit dir überwinden können, was an Angst und Wut in unseren unfertigen Seelen grollt.
Möglicher Vorsatz: Den Balken im eigenen Auge suchen.