Tägliche Meditationen
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Mittwoch,
13. Oktober 2010

Die „missmutige katholische Zunft”

Mittwoch der achtundzwanzigsten Woche im Jahreskreis

P. Daniel Ray LC

Lk 11,42-46
Doch weh euch Pharisäern! Ihr gebt den Zehnten von Minze, Gewürzkraut und allem Gemüse, die Gerechtigkeit aber und die Liebe zu Gott vergesst ihr. Man muss das eine tun, ohne das andere zu unterlassen. Weh euch Pharisäern! Ihr wollt in den Synagogen den vordersten Sitz haben und auf den Straßen und Plätzen von allen gegrüßt werden. Weh euch: Ihr seid wie Gräber, die man nicht mehr sieht; die Leute gehen darüber, ohne es zu merken. Darauf erwiderte ihm ein Gesetzeslehrer: Meister, damit beleidigst du auch uns. Er antwortete: Weh auch euch Gesetzeslehrern! Ihr ladet den Menschen Lasten auf, die sie kaum tragen können, selbst aber rührt ihr keinen Finger dafür.

Einführendes Gebet:  Herr, ich glaube, dass du gegenwärtig bist, wenn ich mich im Gebet an dich wende. Mit Zuversicht vertraue ich darauf, dass du mir heute jede Gnade, die ich brauche, zuteilwerden lässt. Ich danke dir für deine Liebe und für deine unermessliche Großzügigkeit mir gegenüber. Als Gegenleistung gebe ich dir mein Leben und meine Liebe.

Bitte: Herr, mache mein Herz deinem immer ähnlicher.

1.  In die gleiche Falle geraten. Können wir unsere Haltung nicht allzu gut wiedererkennen, wenn wir an diese Stelle des Evangeliums denken? „Ja, Herr, zeig es ihnen! Sie verdienen es!” Wir stellen uns vor, selbst dabei zu sein ‐ unsere Arme fest verschränkt, den Kopf schüttelnd in Missbilligung der ach so heuchlerischen Pharisäer. Bald lenken wir unsere Gedanken auf jemanden, den wir kennen, der „ebenfalls einige saftige verbale Prügel erhalten sollte”. Auch ein Priester oder ein Bischof könnten Zielperson unseres gedachten Tadels sein. Und schon sind wir genau in die Fußstapfen der Pharisäer geraten, die wir so verurteilen: unsere Herzen sind verbittert und verdorrt. Obgleich wir gerne urteilen wie der Herr, lieben wir nicht wie der Herr. Wir vergessen, dass Christus sein Leben für diese Pharisäer hingeben würde, die er zur Umkehr aufruft ‐ selbst wenn sie die einzigen wären, die gerettet würden. Mit dem Finger auf andere zu zeigen ist leicht, aber eine Aufforderung zur Umkehr kann nur von einem Herzen kommen, das liebt.

2. Die „missmutige katholische Zunft”. Gibt es jemanden, der nicht wenigstens etwas in seiner Gemeinde oder in der Kirche finden kann, was nicht in Ordnung ist? Diese Schwierigkeiten zu sehen, dafür zu beten und zu helfen, dass sie behoben werden, ist eine Sache. Eine andere ist es, an der Kritik hängen zu bleiben. Genau das ist es, was die Anhänger der „missmutigen katholischen Zunft” tun. Sie sehen alles nur unter dem Blickwinkel, wie es besser gemacht werden müsste. In ihrem Rosenkranz beten die Anhänger der „missmutigen katholischen Zunft” die „rachsüchtigen Geheimnisse”: Jesus verflucht den Feigenbaum, Jesus säubert den Tempel, Jesus verurteilt die Schriftgelehrten und Pharisäer. Bin ich vielleicht ein anonymes Mitglied ‐ oder gar ein Befürworter ‐ der „missmutigen katholischen Zunft”? Christus sprach deutliche Worte, aber sie waren nur Frucht einer starken Liebe, die sich die Erlösung der Schriftgelehrten und Pharisäer wünschte, und keine hochgradige Verbitterung gegen sie. Wenn mein Herz verbittert ist, muss ich Christus um die Gnade der Umkehr bitten, damit ich die Bereitschaft erhalte, vergeben zu können, wie Christus vergibt.

3. Eine helfende Hand. Unser Herr war und ist der größte Lehrer, der wunderbare Pädagoge, um uns zur Fülle des Lebens zu führen. Er weiß auch, wie man Seelen nach und nach gewinnt, je nach dem in welcher Verfassung sie sich gerade befinden. Bei den Gesetzeslehrern am Ende dieses Evangeliums aber geht nichts. Sie wollten den Menschen Einschränkungen, schwer zu tragende Verantwortung und große Opfer aufladen, aber nicht die helfende Hand reichen, um sie beim Tragen der Last zu unterstützen. Als Christen aber sind wir aufgerufen zu helfen, das Gewissen der Menschen um uns herum zu erleuchten, damit sie eine engere Beziehung zu Gott finden können. Falls diese „Erleuchtung des Gewissens” nur eine beschönigende Umschreibung für „Vorwürfe” ist, müssen wir uns besinnen und uns fragen, ob das Wort Christi uns nicht ebenfalls trifft: „Ihr ladet den Menschen Lasten auf, die sie kaum tragen können, selbst aber rührt ihr keinen Finger dafür”.

Gespräch mit Christus: Herr Jesus, hin und wieder schaue ich auf mein Herz und stelle fest, dass es hart und verbittert ist. Bei der ersten Gelegenheit verfällt es in Selbstgerechtigkeit, um jemanden anderen zu verurteilen, aber nur, um mich dadurch meiner eigenen moralischen Überlegenheit zu vergewissern. Schenke mir ein Herz, das demütig und bescheiden ist wie dein Herz.

Vorsatz:  Wenn ich mich dabei ertappe, dass ich heute abfällig über jemanden denke, will ich für ihn beten und nach zwei guten Eigenschaften bei ihm suchen.

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