Tägliche Meditationen
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Donnerstag,
8. Juni 2006

Selbsthingabe

Donnerstag der neunten Woche im Jahreskreis

P. Edward McIlmail LC

Mk 12,28-34
Ein Schriftgelehrter hatte ihrem Streit zugehört; und da er bemerkt hatte, wie treffend Jesus ihnen antwortete, ging er zu ihm hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen? Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft. Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden. Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr, und es gibt keinen anderen außer ihm, und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer. Jesus sah, dass er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen.

Einführendes Gebet:  Herr, hilf mir, das wichtigste aller Gebote zu erkennen: das der Liebe. Hilf mir, den Glauben als einen Aufruf zur tieferen Liebe zu begreifen.

Bitte: Herr, hilf mir zu verstehen, dass es ein Teil meiner Berufung ist, die Liebe des Vaters anderen Menschen zu zeigen.

1. „Als zweites kommt hinzu:”  Ein Schriftgelehrter stellt Jesus eine konkrete Frage. Er geht davon aus, dass es hier nur eine einfache Antwort gibt. Jesus geht aber über die einfache Antwort hinaus und verbindet die Liebe für Gott mit der Liebe für den Nächsten. „Wer sagt, er sei im Licht, aber seinen Bruder hasst, ist noch in der Finsternis.” (1 Joh 2,9). Das Christsein ist nicht nur eine Sache zwischen mir und Jesus; solch ein Glaube könnte zu Egozentrik und Abscheu für die Welt führen. Wir sind dazu berufen, Sauerteig für die Welt zu sein, Licht in die Finsternis zu bringen. Jesus braucht uns als seine Arme, Beine und Stimme in der Welt. Gebe ich mich damit zufrieden, meine Gebete zu beten und zur Heiligen Messe zu gehen, tue aber sonst kaum etwas? Vielleicht bittet mich Gott, in der Pfarrgemeinde aktiver zu sein? In der Schule? In der einen oder anderen Art von Apostolat?

2. „Mehr als alle Brandopfer”. Der Schriftgelehrte spürt, dass Brandopfer nicht genug sind. Sie sind nur äußerlich. Wir können uns von Dingen (Geld, gebrauchte Kleider, alte Möbel) viel eher trennen, als von unserer wertvollen Zeit oder von unseren Meinungen. Wir schenken Sachen, aber nicht uns selbst. Lehne ich es ab, mehr meiner Zeit für die Mitarbeit in der Kirche zu verwenden? Warum?

3. „Und keiner wagte mehr, ihm eine Frage zu stellen.” Die Schriftgelehrten verstanden, dass Jesus die Anforderungen an die Ausübung der Religion hochschraubte. Ein Schaf oder eine Ziege aufzuopfern, genügte nicht mehr. Jesus wollte, dass sie sich selber schenkten, und das wurde ihnen unangenehm. Die Art des Opferns im alten Testament wurde durch die des Neuen Testamentes ausgetauscht: die Selbsthingabe. Das ist, was Jesus will; das ist, was er selbst getan hat. Er brachte sich selbst am Kreuz dar, um die Selbstliebe zu beschämen. Fürchte ich mich davor, mir selbst und meinen Launen abzusterben? Was erbittet Jesus von mir, das mir unangenehm ist?

Gespräch mit Christus:  Herr, du weißt, es kostet mich etwas, auf meine eigenen Ansichten und meine Zeit zu verzichten. Hilf mir zu verstehen, dass dies vielleicht das bessere Opfer wäre, das du von mir erwartest.

Vorsatz:  Ich will jemandem anbieten, ihm einen Gefallen zu tun, der mir persönlich etwas abverlangt.

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