Donnerstag,
10. November 2022
Schon jetzt und doch noch nicht
Donnerstag der zweiunddreißigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Leo der Große, Papst, Kirchenlehrer
Gedenktag
Maria Boeselager
Lk 17,20-25
In jener Zeit als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme,
antwortete er: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann
auch nicht sagen: Seht, hier ist es!, oder: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter
euch. Er sagte zu den Jüngern: Es wird eine Zeit kommen, in der ihr euch danach sehnt, auch nur einen von
den Tagen des Menschensohnes zu erleben; aber ihr werdet ihn nicht erleben. Und wenn man zu euch sagt: Dort
ist er! Hier ist er!, so geht nicht hin, und lauft nicht hinterher! Denn wie der Blitz von einem Ende des
Himmels bis zum andern leuchtet, so wird der Menschensohn an seinem Tag erscheinen. Vorher aber muss er
vieles erleiden und von dieser Generation verworfen werden.
Einführendes Gebet: Mein Herr, so wie ich bin, komme ich zur dir. Mein Herr, so wie ich bin, liebst du mich. Mein Herr, so wie ich bin, möchte ich mich deinem Wort öffnen.
Bitte: Christus, nur du kannst mir als König deines Reiches die Augen für die Gegenwart dieses Reiches öffnen. Bitte schenke mir den Heiligen Geist, damit ich die Welt und mein Leben durch deine Augen sehen darf. Dein Reich komme – in mir!
1. Schmerzhafte Sehnsucht. Die Pharisäer stellen hier die eine Frage, die alle Juden voll schmerzhafter Sehnsucht in sich tragen: "Wann kommt denn endlich, was der Herr uns versprochen hat? Wann hört das Hoffen und Glauben endlich auf und das Anfassen und Sehen beginnt?" – Kennst du das nicht auch? Diese Ungeduld, der Herr möge endlich erfüllen, was er dir versprochen hat? Die Bibel ist bis zum Rand voll mit Versprechen, von denen jedes einzelne dir persönlich gilt, denn es ist lebendiges Wort Gottes, für dich! Welche Versprechen hat er ganz besonders in dein Herz gelegt? Welche hast du vielleicht vergessen, oder begraben, weil es zu schmerzhaft ist, warten zu müssen? Wo hast du dich mit dem zufriedengegeben, was die Welt dir gibt und aufgehört, mit leeren Händen auf das zu hoffen, was das Reich Gottes dir verspricht?
2. Geheime Erfüllung. Christus sieht und versteht ihre Sehnsucht, ihre Ungeduld, ihren Schmerz. So sieht er auch heute deine Sehnsucht, deine Ungeduld, deinen Schmerz. Er versteht es und antwortet nicht auf die Weise, wie wir es gerne hätten, aber auf die Weise, wie wir es brauchen! Er sagt: "Ich sehe deine Suche nach der Erfüllung meiner Versprechen in äußeren Umständen, in spektakulären Veränderungen deiner selbst oder deines Lebens. Aber ich flehe dich an: Vergiss nicht das höchste, schönste und größte Versprechen, dass ich dir mache: Ich verspreche dir mich selbst." Das Reich Gottes ist Christus selbst in uns! Lässt du zu, dass Gott dich mehr und mehr in Besitz nimmt? So kommt das Reich Gottes in deinem Herzen zur Blüte. Wir schauen oft auf das Außergewöhnliche, um uns zu vergewissern, dass Gott in unserem Leben gegenwärtig ist. Doch Gott ist viel öfter in der Stille zu finden; in stiller Ausdauer, stiller Freude, stiller Freundlichkeit und Güte. Wir müssen Ruhe und Stille in unserem Leben zulassen, um sein Reich und seine Gegenwart in uns wachsen sehen zu können. Dann werden wir erleben, dass er seine Versprechen auf spektakulär andere Weise erfüllt, als die Welt es tut.
3. Die Zwischenzeit. Christus ist immer ehrlich mit uns. Er verheimlicht nicht, dass das Reich Gottes noch nicht in seiner ganzen Fülle da ist. Wir alle erleben das, eben diese schmerzhafte Sehnsucht nach dem Himmel auf Erden, danach, schon sein zu dürfen, wozu wir geschaffen wurden. Diese "Zeit dazwischen" ist schwierig und oft rätselhaft, denn die Guten müssen viel Leid und Ablehnung ertragen, wie Jesus selbst eben auch. Mitten in dieser rätselhaften Zwischenzeit dürfen wir immer wieder einen Vorgeschmack des Ewigen erleben. Für diesen Geschmack müssen wir unsere Zunge allerdings schulen. Es braucht Übung und Achtsamkeit, vor allem aber Glaube, Hoffnung und Liebe, um Jesu Gegenwart, seine Liebe in den Menschen und Umständen entdecken zu können.
Gespräch mit Christus: Christus, ich danke dir, dass du dich mir selbst versprichst und dass du dich mir schenkst. Ich bitte dich, erwecke Hoffnung und Glaube ganz neu in mir, um deine Versprechen an mich ersehnen und erwarten zu können. Vergib mir, wo ich aufgehört habe zu warten und vielmehr versucht habe, selbst für mich zu sorgen. Öffne mir die Augen für deine Gegenwart in mir und der Welt. Begleite mich in dieser Zwischenzeit, in diesem "Schon jetzt und doch noch nicht."
Vorsatz: Ich will mir drei Versprechen vergegenwärtigen, die der Herr mir macht. Ich will meine feste Hoffnung auf ihre Erfüllung erneuern. Gleichzeitig schenke ich dem Herrn all meine Ungeduld und Sehnsucht, in der Gewissheit, dass mein Warten fruchtbar ist und dass das höchste Gut, er selbst, mir bereits vollkommen geschenkt ist.