Tägliche Meditationen
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Montag,
15. November 2021

Beten, um Gott zu schauen

Montag der dreiunddreißigsten Woche im JahreskreisHl. Albert der Große, Bischof, Kirchenlehrer
Hl. Leopold, Markgraf

P. Thomas Fox LC

Lk 18,35-43
Als Jesus in die Nähe von Jericho kam, saß ein Blinder an der Straße und bettelte. Er hörte, dass viele Menschen vorbeigingen, und fragte: Was hat das zu bedeuten? Man sagte ihm: Jesus von Nazaret geht vorüber. Da rief er: Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Die Leute, die vorausgingen, wurden ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Jesus blieb stehen und ließ ihn zu sich herführen. Als der Mann vor ihm stand, fragte ihn Jesus: Was soll ich dir tun? Er antwortete: Herr, ich möchte wieder sehen können. Da sagte Jesus zu ihm: Du sollst wieder sehen. Dein Glaube hat dir geholfen. Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen. Da pries er Gott und folgte Jesus. Und alle Leute, die das gesehen hatten, lobten Gott.

Einführendes Gebet: Herr, früher spürte ich deine Gegenwart im Gebet und in jedem Gotteshaus deutlich und klar, ganz spontan. Mittlerweile scheint meine Seele in ein seltsames Dämmerlicht gehüllt und je mehr ich deine Nähe suche, desto blinder komme ich mir vor. Es ist irgendwie Karsamstag. Du scheinst tot zu sein und der Ostersonntag will noch nicht kommen. Eine Zeit des stillen Wartens und Hoffens. Eine Zeit der Losschälung, der Verinnerlichung und der Ausbildung tieferer Gewissheiten.

Bitte: Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!

1. Sich mit dem verborgenen Gott verbergen. Wer ist eigentlich dieser Blinde am Wegesrand? Das bin ich! Spüren Sie das nicht auch: "Nach Jahren des Bemühens im Gebet, wenn wir uns bereits mit einer gewissen Intensität nach Gott sehnen, können wir feststellen, dass die innere Dunkelheit, die einen verborgenen Gott verbirgt, zum gewohnten Rahmen für das Gebet geworden ist. Die Begegnung mit Gott im Gebet ist in die Dunkelheit der Schatten gehüllt. Es ist, als ob alle Lichter ausgeschaltet und ein Raum in Dunkelheit getaucht werden müsse, um seine tatsächliche Gegenwart sicherer zu erkennen." Auch mir hilft es immer wieder, gerade in Zeiten geistiger Sehschwäche, mich irgendwo mit dem Verborgenen (Gott) zu verbergen, um ihm sicherer zu begegnen. In Einsamkeit, Stille und Abgeschiedenheit.

2. Der Segen der noch unerfüllten Sehnsucht. Zuerst "rief" der blinde Bartimäus seinen Satz aus: "Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!". Dann "schrie" er diese Worte noch viel lauter in die Runde, denn er wusste ja nicht, wo Jesus sich gerade befand und ob er im nächsten Moment noch zu erreichen wäre. – Wenn die Zeit des Gebets langsam verstreicht und immer noch nichts passiert ist, dann wird meine Seele oft unruhig und meine Bitte intensiver. Sie wird zum Schrei… ein Schrei ist eine Lebensäußerung. Nur was lebt, kann aufschreien. Im Aufschrei kommt die Tiefe der Sehnsucht geballt zum Ausdruck: Wir wollen Gott schauen. Aber unsere Sehnsucht muss geweitet werden, um mehr von Gott aufnehmen zu können, unsere vorgefertigten Maßstäbe müssen zerbrechen. Wir müssen spüren: Von unserer Seite aus können wir nichts tun, außer uns offen zu halten: "Offensichtlich ist es eine notwendige Blindheit, wenn wir eines Tages das Antlitz unseres gekreuzigten Herrn sehen wollen, und sie wird nicht durch irgendeine Anstrengung von unserer Seite aus aufgelöst. Sie muss als Segen angenommen und umarmt werden, insofern sie die Gegenwart unseres Herrn in einem größeren Geheimnis verbirgt."

3. Das Wunder der Zuwendung Gottes zu seinem Geschöpf. Es heißt hier weiter im Evangelium: "Jesus blieb stehen." – Dass unsere Bitte bis zu ihm vordringt und er ihr Gehör schenkt, wagen wir oft kaum zu hoffen. Warum sollte ein so hoher Herr sich mit mir und meinen Wünschen befassen? Andererseits aber, warum "sollte der nicht hören, der das Ohr gepflanzt hat?" Und weiter: "Und er ließ ihn zu sich herführen." – Das heißt, Jesus liegt etwas an der persönlichen Begegnung mit mir: Er will mir beim Gebet in die Augen schauen und meine Worte von meinen Lippen ablesen. Er will mir direkt ins Herz schauen, so wie ich mich danach sehne, es bei ihm zu tun… Aber was dann kommt, scheint dann wirklich zu viel: Jesus fragt uns: "Was soll ich dir tun?" – Kann Jesus uns seine Zuwendung noch deutlicher machen?

Gespräch mit Christus: Herr, du formst mich im Gebet. Unmerklich merklich nimmst du mich bei der Hand und ich will dir erlauben, mich zu führen, während ich nichts sehe… Schenke mir die Gewissheit deiner verborgenen Gegenwart jenseits aller inneren Schranken, die ich noch nicht überschritten habe. Lass mich so deine Gegenwart erahnen, selbst wenn ich im Gebet die Dunkelheit erleide: "Eine feste Überzeugung sollte so ausschauen, dass sich auf der anderen Seite dieser Finsternis der Geliebte verbirgt und auf unsere Seele wartet."

Vorsatz: Ich werde heute im Gebet dem verborgenen Gott den Aufschrei seiner Geschöpfe, wie er aus vielen Herzen aufsteigt, vortragen.

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