Tägliche Meditationen
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Mittwoch,
16. August 2017

Die Wunden der Seele sehen

16. August

Mittwoch der neunzehnten Woche im Jahreskreis
Hl. Stephan v. Ungarn
Hl. Rochus,
Hl. Theodor, Bischof

Angelika Knauf

Mt 18,15-20
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner. Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein. Weiter sage ich euch: Alles, was zwei von euch auf Erden gemeinsam erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

Einführendes Gebet: Jesus, unser Heiland, du bist gekommen zu heilen, was verwundet ist. Du heilst die Wunden unserer Seele, indem du durch dein Kreuz wieder Einheit stiftest, wo unsere Sünde Zerstörung angerichtet hat. Jesus, ich vertraue deiner Barmherzigkeit.

Bitte: Gib mir einen wahrhaft barmherzigen Blick für die inneren Wunden meiner Nächsten.

1. Lässt du einen Verwundeten liegen? Was der Herr hier seinen Jüngern aufträgt, erscheint uns meist als unangenehme Pflicht. Jemanden - besonders, wenn dessen Wertschätzung uns etwas bedeutet - auf seine Sünde hinweisen? Gar nicht leicht! Doch was würdest du tun, wenn dieser von dir geliebte Mensch sich eine leibliche Wunde schlägt? Würdest du nicht sofort alles unternehmen, damit seine Wunde aufgedeckt, gereinigt, verbunden und geheilt werden kann? Jede Sünde, die ein Mensch begeht, verletzt seine Seele, weil sie ihn von Gott und dem von ihm kommenden Heil trennt. Kannst du an dieser Seelenwunde deines Nächsten vorbeisehen? Willst du ihm ein Wort sorgender Liebe verweigern, das ihm wieder die Tür zur Heilung öffnen kann, weil du um dein Ansehen bei ihm fürchtest? Bruder oder Schwester kannst du deinem Nächsten nur in der Wahrheit der Liebe Jesu bleiben, welche die Sünde in Einfachheit und ohne Bevormundung, aber dennoch klar benennt. Denn er kam, um die Sünde aufzudecken und dann hinweg zu nehmen. In Jesu leiblichen Wunden erkennen wir die Wunden unserer Seelen. Seine Liebe will deinen Bruder, deine Schwester heilen. Jesus baut hierfür auf deine Hilfe!

2. Hilfe holen! Wenn ein Mensch, dessen Verletzung oder Krankheit dich mit Sorge erfüllt, sich nicht helfen lassen will, lässt du ihn dann in Ruhe? Rufst du nicht gerade wegen deiner Liebe andere zu Hilfe, die sich mit seiner Erkrankung auskennen? Und wenn er auch auf sie nicht hören würde, würdest du ihn dann nicht einem Krankenhaus anvertrauen? Mit den Sünden-Wunden der Seele eines Menschen sollten wir eigentlich nicht anders handeln. Sie gehen uns an, weil wir alle in Christus eine Gemeinschaft sind. Diese Gemeinschaft bleibt nicht dieselbe, wenn eines ihrer Glieder verletzt ist oder verloren geht. Es ist in deinem eigenen Interesse und in dem der Gemeinschaft, dass dein Bruder, deine Schwester ein lebendiger Teil von ihr bleibt. Du selbst verlierst all die Gaben, die Gott dir und deiner Gemeinschaft durch ihn, durch sie schenken will. Wenn die Glieder der Gemeinschaft in Christus sich eines in Sünde gefallenen Mitglieds in Liebe annehmen, so bekennen sie auch: Wir lieben dich, wir wollen nicht auf dich verzichten!

3. Beurteilen, aber nicht aufgeben! Die Liebe Jesu ist bis zum Äußersten gegangen, um uns von Tod und Sünde zu erlösen. Jesus kann die Sünde des Menschen nicht verleugnen, nicht schönreden – um des Menschen selbst willen. Wer ausdrücklich in seiner Sünde, in seiner Krankheit verharren will, riskiert oft mehr oder weniger bewusst seinen Tod, nimmt ihn in Kauf. Jesus redet um diese Tatsache nicht herum. Doch zugleich öffnet er einen Ausweg: Im gleichen Atemzug verleiht er seinen Jüngern in seinem Namen eine Macht zu lösen und zu binden, eine Macht der Bitte und Fürsprache, von der sich der Himmel bewegen lassen wird. Niemals sollen wir aber einen Bruder oder eine Schwester, die sich bewusst von Gott abgewandt hat, aufgeben. Auch wenn er für uns wie ein Heide gelten soll, denn auch für die Heiden betet der Christ! Wir dürfen und sollen in Jesu Namen bitten, dass er oder sie geheilt wird. Die Liebe Jesu kann Wege zu einem Herzen finden, die wir nicht einmal erahnen können. Jesu Hingabe an den Vater ist so groß, dass der Vater um seinetwillen gewähren wird, was wir für jene erbitten, die wir lieben.

Gespräch mit Christus: Jesus, vor dir müssen wir unsere Wunden nicht verbergen, unsere nicht und auch nicht die der anderen. Denn du hast all unsere Verwundungen an Seele und Leib schon getragen. Lass uns auf die Macht deiner Barmherzigkeit vertrauen, wenn wir unseren Schwestern und Brüdern nachgehen, die verloren zu gehen drohen.

Möglicher Vorsatz: Ich möchte aufmerksamer werden für die Seelenwunden meiner Nächsten und mich ihrer in Liebe und Verantwortung annehmen. In der Liebe möchte ich bis zur wahren Hingabe gehen, selbst wenn es mich schmerzlich trifft.

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