Tägliche Meditationen
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Montag,
6. November 2017

Wie du mir, so ich dir...

Montag der einunddreißigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Leonard
Hl. Christine
Hl. Rudolf OSB, Bischof
Modesta OSB, Äbtissin

Beate Scheilen

Lk 14,12-14
In jener Zeit sprach Jesus zu einem der führenden Pharisäer, der ihn zum Essen eingeladen hatte: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, so lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich ein, und damit ist dir wieder alles vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.

Einführendes Gebet: Jesus, du hast immer wieder festzementierte Verhaltensweisen in Frage gestellt. Dabei ging es dir aber nicht um "Kritik am Establishment", sondern darum, deine göttliche Liebe und Großzügigkeit in die harte und selbstbezogene Welt zu bringen. Ich möchte dir dabei helfen. Bitte zeig mir, auf welche Weise ich meine Talente für dich nutzbar machen kann.

Bitte: Herr, lass mich geben, ohne mich zu fragen, was es mir einbringt.

1. Lebensmodelle. Ich erinnere mich noch gut daran, dass meine Mutter nicht viel Wert darauflegte, dass wir bei anderen Leuten eingeladen werden. Warum? "Weil ich die dann auch wieder einladen muss, und das ist mir zu anstrengend." Ob das eine angemessene Einstellung ist, sei dahingestellt (jedenfalls fiel unser soziales Leben infolgedessen recht spärlich aus). Interessant finde ich die darin enthaltene – und nie hinterfragte - Feststellung "Wenn mich jemand einlädt, bin ich verpflichtet zu einer Gegeneinladung auf mindestens gleichem Niveau."Die säkulare Welt denkt in den Kategorien "Do, ut des" – ich gebe, damit du gibst. Wer etwas einsetzt, möchte etwas zurückbekommen, was dem Einsatz angemessen ist. Im Reich Gottes geht es wie immer anders zu. Man bekommt erst einmal nichts für seinen Einsatz. Danach aber erhält man nicht nur das, was angemessen wäre, sondern viel mehr, als man verdient hat. Nach welchem Modell möchte ich leben? Nach dem Prinzip "Ich hole aus diesem Leben so viel raus, wie nur geht?" – Oder nach dem Prinzip "Ich will nichts geschenkt und nur das bekommen, was ich auch verdient habe?" Damit werde ich bei Gott nicht weit kommen. Ihm geht es um Vertrauen: zunächst einmal auf Belohnung verzichten – und darauf bauen, später umso mehr zu erhalten. Aber nicht erst im Himmel, sondern durchaus auch schon jetzt! "In diesem Leben das Hundertfache, und das ewige Leben dazu".

2. Mein Mosaiksteinchen ist wichtig. Interessanterweise zeigen Studien, dass Menschen, die schon als Kinder in der Lage sind, auf eine Sofortbefriedigung (z.B. Schokolade essen) zu verzichten, später mehr Erfolg im Leben haben. Gut, wir sollen als Christen nicht vornehmlich nach weltlichem Erfolg streben – aber eine gewisse Parallele ist hier doch zu sehen: Wer alles sofort haben möchte, immer gleich die Gegenleistung bekommen will, der kriegt im Idealfall 1:1 zurück – aber er wird nie die Freude des Schenkens kennen lernen und auch nie die Großzügigkeit Gottes erfahren, der sich von niemandem darin übertreffen lässt!Wenn ich darauf bestehe, nur das zu bekommen, was ich verdient habe – dann dürften das keine guten Aussichten für die Ewigkeit sein. Denn vor Gott sind wir alle Arme, Krüppel, Lahme und Blinde. Mögen wir das erkannt haben oder nicht. Man kann zwar auch durch gute Werke Verdienste vor Gott erwerben , doch sollte uns immer klar sein, dass das Größte, was wir selbst tun können, sich zu dem, was Gott für uns tut, etwa so verhält wie 1 Cent zu 100 Millionen Euro. Ja, Gott möchte unseren Cent, er will nicht alles selbst machen! Unser kleiner Beitrag, unser Steinchen im Mosaik der Welt, ist ihm wichtig – sehr wichtig sogar! Aber es wäre doch lachhaft, wenn wir behaupten würden, mit diesem Cent hätten wir unsere gesamten (übernatürlichen) Schulden selbst bezahlt.

3. Geben und weitergeben. Zurück zu den Einladungen im Elternhaus: Vielleicht hätten die meisten Leute gar nichts dagegen gehabt, wenn wir zu ihnen gekommen wären und uns nicht gleich revanchiert hätten. Leider haben wir es nie ausprobiert. Während meiner Studentenzeit hingegen wurde ich häufig von anderen eingeladen und hatte finanziell keine Möglichkeit zu einer Gegeneinladung – mir blieb nichts Anderes übrig, als die oft sehr großzügige Einladung dankbar anzunehmen. Heute, wo ich mehr Möglichkeiten habe, kann ich selbst wiederum Menschen etwas Gutes tun, die sich bei mir nicht gleich revanchieren können (oder wollen). So gebe ich letzten Endes doch etwas zurück – aber nicht in einem geschlossenen Kreislauf zwischen zwei Personen, sondern mit einer Wirkung in die Gemeinschaft hinein. Wäre es nicht schön und sehr im Sinne Gottes, wenn wir alle unsere Talente – Geld, Gebet, Begabungen – auf diese Weise "unter die Leute" bringen würden?

Gespräch mit Christus: Herr, du möchtest Gemeinschaft unter den Menschen stiften. Nichts liegt deinen Absichten ferner, als dass jeder Einzelne mit seinen Besitztümern alleine bleibt oder sie nur 1:1 austauscht. Das macht einsam und ist kein Abbild deiner Liebe. Hilf mir, mit meinem materiellen und ideellen Besitz großzügig umzugehen.

Möglicher Vorsatz: Ich möchte in den nächsten Tagen jemanden einladen (zum Essen, auf einen Kaffee, ins Theater…), der keine Möglichkeit hat, meine Einladung zu erwidern.

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