Tägliche Meditationen
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Mittwoch,
11. September 2019

Der vorgehaltene Spiegel

Mittwoch der dreiundzwanzigsten Woche im Jahreskreis

Br. Benoît Terrenoir LC

Lk 6,20-26
In jener Zeit richtete Jesus seine Augen auf seine Jünger und sagte: Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes. Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet satt werden. Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen. Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und aus ihrer Gemeinschaft ausschließen, wenn sie euch beschimpfen und euch in Verruf bringen um des Menschensohnes willen. Freut euch und jauchzt an jenem Tag; euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn ebenso haben es ihre Väter mit den Propheten gemacht. Aber weh euch, die ihr reich seid; denn ihr habt keinen Trost mehr zu erwarten. Weh euch, die ihr jetzt satt seid; denn ihr werdet hungern. Weh euch, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen und weinen. Weh euch, wenn euch alle Menschen loben; denn ebenso haben es ihre Väter mit den falschen Propheten gemacht.

Einführendes Gebet: Herr Jesus Christus, ich bin so arm, ich weiß nicht, wie ich beten soll... Ich weiß nicht einmal, was ich dir sagen soll! Hilf mir, einfach auf die Worte des Evangeliums zu hören! Lass sie in meinem Herzen so klingen, dass ich sie niemals vergesse! Heilige Jungfrau Maria, nimm dieses Gebet in deine Hände!

Bitte: Herr, gib mir die wahre Seligkeit!

1. Eine Frage des Schwerpunkts. Das heutige Evangelium bietet uns den Text der Seligpreisungen. Es ist ein Text, an den wir uns so gewöhnt haben, dass wir uns bemühen müssen, die darin enthaltene Sprengkraft zu erkennen. Dazu muss man sich in die Lage der Hörer Christi versetzen, für die die Logik der Vergeltung unbestritten war. Dieser Logik nach war Erfolg ein Zeichen des Segens Gottes, während Unglück das Zeichen von Fluch war. Demnach genügte es, in den Spiegel des Lebens zu schauen, um zu wissen, ob wir Freunde oder Feinde Gottes sind. Aber mit dem, was Christus in den Seligpreisungen verkündet, verhält es sich völlig anders. Alles ist spiegelverkehrt: Unglück in diesem Leben ist eine Verheißung der Güte Gottes, während das Glück zum Omen drohender Verdammnis wird. Was ist denn passiert? Es ist einfach eine Frage des Schwerpunkts. Wenn ich mit meinen Erfolgen zufrieden bin, dann lege ich den Schwerpunkt auf mich. Wenn ich mich aber dem Unglück nicht verweigere, in dem Bewusstsein, dass es mich näher zu Gott bringt, dann bedeutet es, dass ich den Schwerpunkt nach oben verschoben haben. Der Schwerpunkt meines Lebens befindet sich nicht mehr in mir, sondern in Gott. Darauf kommt es an.

2. Die glückselige Leere. Die Seligpreisungen erinnern uns an eine Regel des geistlichen Lebens: Wir müssen sterben, um Früchte zu bringen. Mit anderen Worten, wir müssen uns vollständig unserer selbst entledigen, damit Gott in uns leben kann, damit er uns mit seiner Gnade erfüllt. So wie Christus sich seiner Herrlichkeit entblößte, um ein Mensch zu werden, müssen wir uns unser selbst entledigen, um an der Gottheit teilzunehmen. Aber wie funktioniert das? Nun, Jesus gibt uns in den Seligpreisungen Hinweise. Es handelt sich einfach darum, die Gelegenheiten zu nutzen, die mich daran erinnern, dass nicht ich es bin, der den Ton angibt. Diese Gelegenheiten sind Armut, Hunger, Trauer und Verfolgung. Sie lassen mich erkennen, dass ich allein nichts tun kann und dass die einzige Lösung darin besteht, mich in die Arme Gottes zu werfen. Das Unglück ist also eine Schule des Vertrauens zum allmächtigen und barmherzigen Gott, dem einzigen, der mir die wahre Seligkeit bieten kann.

3. Fülle, die unglücklich macht. Während die Entbehrung der Weg zum Glück ist, kann die Fülle zu meinem Unglück werden. Wenn ich mit meinen Erfolgen zufrieden bin und glaube, dass mir nichts fehlt, wie kann dann Gott in mich eintreten? Für ihn gibt es keinen Platz mehr. Wenn ich reich, satt, fröhlich und ruhig bin, wird mich nichts dazu bringen, Gott zu suchen. Ich werde innerhalb der Grenzen meiner Komfortzone bleiben, ohne herauszufinden, was es außerhalb dieses eher kleinlichen Lebens gibt. Wie im Buch der Geheimen Offenbarung steht: "Du behauptest: Ich bin reich und wohlhabend und nichts fehlt mir. Du weißt aber nicht, dass gerade du elend und erbärmlich bist, arm, blind und nackt" (Offb 3, 17). Damit der Groschen fällt, damit ich merke, dass ich elend bin, muss ich Demütigung erfahren. Ohne den Impuls der Seligpreisungen laufe ich Gefahr, ein Leben ohne Probleme, aber auch ohne wirkliches Glück führen zu wollen. Ein Leben, das nicht wirklich Leben ist.

Gespräch mit Christus: Herr Jesus Christus, sende mir deinen Geist, damit ich erkennen kann, was wahrhaft selig macht.Was befleckt ist, wasche rein,Dürrem gieße Leben ein.Heile du, wo Krankheit quält,wärme du, was kalt und hart,löse, was in sich erstarrt,lenke, was den Weg verfehlt. (GL 345)

Vorsatz: Heute werde ich den Herrn um die Kraft bitten, den Weg der Seligpreisungen zu gehen.

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