Tägliche Meditationen
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Montag,
3. November 2008

Die vielen Gesichter der Armut

Montag der einunddreißigsten Woche im Jahreskreis

P. Jason Bullock LC

Lk 14,12-14
Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, so lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich ein, und damit ist dir wieder alles vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.

Einführendes Gebet:   Herr Jesus Christus, erfülle mich heute mit deiner Gnade. Ich möchte dir immer ähnlicher werden, aber du weißt, wie schwach ich bin. Trotzdem vertraue ich darauf, dass du mir geben wirst, was ich brauche, um die Aufgaben dieses Tages erfüllen zu können. Herr, ich liebe dich.

Bitte:  Herr, hilf mir, heute aufmerksam zu sein, damit ich die materiellen und geistigen Nöte der Menschen um mich herum erkennen kann.

1. Die Armen einladen. Wenn wir an die verschiedenen Hilfen denken, welche der Staat den sozial Benachteiligten zuwendet, meinen wir vielleicht, dass sich die Kirche oder die Mitbürger nicht um diese kümmern müssten. Es müsse also genügen, diese Leute an die betreffenden Ämter zu verweisen, oder falls für bestimmte Fälle noch kein Amt zuständig ist, ein solches ins Leben zurufen. Und doch bestätigt Papst Benedikt XVI. erneut, dass die Nächstenliebe immer notwendig bleiben wird. Egal wie gerecht eine Gesellschaft auch sein mag, es wird immer Leute geben, die Hilfe brauchen. Außerdem leiden die Menschen nicht nur materielle Not: „Jeder Mensch braucht die liebevolle persönliche Zuwendung” (vgl. Deus caritas est, 28). Nicht das Almosen zählt in erster Linie, sondern wir müssen den Hilfsbedürftigen wirkliches Mitleid zeigen, das heißt unsere Bereitschaft, „mit ihnen zu leiden.” Wenn wir so handeln, behandeln wir die Armen als Personen, welche die gleiche Menschenwürde wie wir besitzen.

2. Die Armut der Reichen. Es ist wichtig zu wissen, dass es verschiedenste Arten von Armut gibt. Finanzielle Armut ist wirklich sehr ernst, aber die geistige Armut ist noch viel schlimmer: „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?” (Mt 16,26). Christus machte sich selbst materiell arm, einmal dadurch, dass er Mensch geworden ist und dann dadurch, dass er in armen Verhältnissen lebte, um uns geistig reich zu machen (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 472). Oft leiden jene, die materiell keine Wünsche mehr haben, unter großer Existenzangst. Die reichsten Länder der Welt haben auch die höchsten Selbstmordraten. Diese Art von Armut lässt sich nur sehr schwer bekämpfen: Diese Leute wollen oft ihre Not gar nicht zugeben, und noch weniger erkennen sie die Rettung aus ihrer Not. Auch diese Armen brauchen die Hilfe der Missionare des 21. Jahrhunderts.

3. Übernatürlicher Egoismus? Es heißt, dass unsere Taten der Nächstenliebe nicht aus reiner Absicht getan werden, wenn wir dafür einen Lohn im Himmel erwarten. Selbstsucht kann sicher dabei mitschwingen, weil wir hoffen, dass uns unsere Taten der Nächstenliebe einmal zum Guten dienen werden. Dieser Aspekt des Lohns im Himmel gehört sicher dazu: „Es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten” (Lk 14,14) ‐ aber es stimmt auch, dass die gelebte Nächstenliebe ganz einfach unsere Pflicht ist (vgl. Lk 17,10). Aber gerade wenn wir die Nächstenliebe leben, hat Gott die Möglichkeit, unsere Absicht immer mehr zu reinigen. Vielleicht beginnen wir eine gute Tat aus selbstsüchtigen Gründen, weil wir zum Beispiel dafür gelobt werden wollen. Wenn wir aber mit unseren guten Taten fortfahren, wird es sicher oft geschehen, dass wir kein Lob und keinen Dank für unsere Taten erhalten. Und wenn dann unsere oberflächlichen Motive weniger werden, bleibt eine reinere Liebe zu Gott und unseren Nächsten zurück. Denn wenn wir unsere Taten aus Liebe zu Gott tun, erlangen sie erst die wahre Vollkommenheit (vgl. Johannes Paul II., veritatis splendor, 78).

Gespräch mit Christus:  Herr Jesus, ich bin arm und brauche deine Gnade. Trotzdem weiß ich, dass wir, wenn wir geben, empfangen. Öffne meinen Verstand und mein Herz für die Nöte meiner Mitmenschen. Hilf mir, dich in ihnen zu sehen und dir in ihnen zu dienen.

Vorsatz:   Ich will heute wenigstens eine Tat der Nächstenliebe für einen Menschen in Not tun.

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