Tägliche Meditationen
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Freitag,
1. Juli 2022

Barmherzigkeit

Freitag der dreizehnten Woche im Jahreskreis

Dorit Wilke-Lopez

Mt 9,9-13
In jener Zeit sah Jesus einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Da stand Matthäus auf und folgte ihm. Und als Jesus in seinem Haus beim Essen war, kamen viele Zöllner und Sünder und aßen zusammen mit ihm und seinen Jüngern. Als die Pharisäer das sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen? Er hörte es und sagte: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten.

Einführendes Gebet: Jesus, du siehst mich jetzt hier sitzen und rufst mich, dir zu begegnen. Ich möchte mich jetzt wie Matthäus ganz darauf einlassen und für dich ganz da sein. Ich möchte dich wie Matthäus einladen in das Haus meines Herzens, damit du dich bei mir ein bisschen ausruhen kannst.

Bitte: Lass mich in den nächsten Minuten in dir sein und sei du in mir.

1. Nicht die Gesunden brauchen den Arzt. "Seien Sie froh, dass Sie Sünder sind, sonst wäre Christus ja gar nicht für sie zuständig!", habe ich vor Jahren in einer Predigt gehört und nie vergessen. In der Osternacht singt der Diakon: "O glückliche Schuld, welch großen Erlöser hast du gefunden!" Ist es nicht großartig, wie Gott aus den schlimmsten Dingen – hier der Sünde – etwas Wunderbares schafft? Unsere Schuld verwandelt er in eine Liebeserklärung! Jesus sagt mir jetzt und hier: Ich liebe dich! Ich liebe dich mehr als mein Leben! Ja, genau dich!

2. Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten. Gott denkt überhaupt nicht in Leistungskategorien. Er liebt die Gerechten und die Sünder gleichermaßen. Er liebt ohne Gegenleistung, weil wir seine Geschöpfe sind, sein Meisterwerk, von dem er begeistert ist. Alle, die sich entfernt haben, geht er suchen. Er ruft uns zu: "Mit menschlichen Fesseln zog ich sie an mich, mit den Ketten der Liebe. Ich war da für sie wie die, die den Säugling an ihre Wangen heben" (Hos 11,4). Jetzt und hier, in meinem Herzen, ist Jesus bei mir und sucht meine Nähe. Ich staune und genieße.

3. Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Barmherzigkeit ist eine Herzenshaltung, ein mitfühlendes und mitleidendes Wahrnehmen von Leid, Kummer, Schuld und Schwäche. Barmherzigkeit sagt nicht: Geschieht ihm recht, selber schuld! Barmherzigkeit ist die Haltung, die der Vater dem verlorenen Sohn gegenüber zeigt. Der Vater freut sich, dass der Sohn zurückkommt und deckt mit seiner Freude alle Verfehlungen des Sohnes zu. Gott sieht hinter der Kulisse der Sünde unsere Bedürftigkeit, unsere Verführbarkeit, unsere Dunkelheit, und freut sich, wenn er uns da herausholen kann. Er hat keine Berührungsängste mit Sündern, auch wenn sie krank oder schmutzig sind oder nach Schweinestall riechen. Ich fürchte, wir riechen vor Gott immer ein bisschen nach Schweinestall. Danke, Gott, dass du mich trotzdem liebst!

Gespräch mit Christus: Vater, danke, dass du mich liebst, auch wenn ich sündige. Bitte halte mir deine Liebe immer vor Augen. Auch ich darf mich lieben, trotz meiner Fehler, eben weil auch du mich trotzdem liebst. Ich brauche meine Sünden nicht zu verstecken, sondern ich darf sie dir hinhalten, als dem Arzt, der mich heilt. Gib auch mir einen barmherzigen Blick für meine Mitmenschen, besonders für die, die mich verletzen, und für die, die den Glauben an dich nicht teilen und sich im Dickicht der Welt verlaufen. Teile mir ein wenig von der überströmenden Freude mit, die du an jedem Menschen hast, ob er sündigt oder nicht. Mach mich milde, sanft und barmherzig.

Vorsatz: Jesus, mit dir zusammen möchte ich überlegen, wen ich innerlich ablehne oder verurteile, ob nun eine andere Person oder auch mich selbst. Ich bitte dich um Vergebung dafür. Ich will mit dir zusammen versuchen, diese Person innerlich mit dem Blick der Barmherzigkeit, mit Zärtlichkeit und Mitleid zu betrachten.

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