Tägliche Meditationen
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Freitag,
16. November 2018

Freiheit und Barmherzigkeit

Freitag der zweiunddreißigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Otmar von St. Gallen, Abt
Hl. Walter, Klostergründer
Hl. Margareta von Schottland, Königin

Angelika Knauf

Lk 17,26-37
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wie es zur Zeit des Noach war, so wird es auch in den Tagen des Menschensohnes sein. Die Menschen aßen und tranken und heirateten bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging; dann kam die Flut und vernichtete alle. Und es wird ebenso sein, wie es zur Zeit des Lot war: Sie aßen und tranken, kauften und verkauften, pflanzten und bauten. Aber an dem Tag, als Lot Sodom verließ, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel, und alle kamen um. Ebenso wird es an dem Tag sein, an dem sich der Menschensohn offenbart. Wer dann auf dem Dach ist und seine Sachen im Haus hat, soll nicht hinabsteigen, um sie zu holen, und wer auf dem Feld ist, soll nicht zurückkehren. Denkt an die Frau des Lot! Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es gewinnen. Ich sage euch: Von zwei Männern, die in jener Nacht auf einem Bett liegen, wird der eine mitgenommen und der andere zurückgelassen. Von zwei Frauen, die mit derselben Mühle Getreide mahlen, wird die eine mitgenommen und die andere zurückgelassen. Da fragten sie ihn: Wo wird das geschehen, Herr? Er antwortete: Wo ein Aas ist, da sammeln sich auch die Geier.

Einführendes Gebet: "Großer Gott, du offenbarst deine Macht vor allem im Erbarmen und im Verschonen", so bete ich mit den Worten der Kirche zu dir, o Herr. Erbarme dich meiner, dass ich lerne, meine Freiheit recht zu gebrauchen.

Bitte: Herr, öffne mein Erkennen für die Bedeutung meiner freien Willensentscheide!

1. Sünde und Barmherzigkeit. Gott ist barmherzig, doch in seiner Liebe bleibt er vollkommen frei, Barmherzigkeit zu gewähren. Seine Barmherzigkeit ist kein Automatismus, der seine Freiheit ausschaltet oder den freien Willen des Menschen übersieht. Gott sehnt sich nach unserem Heil bis zur Hingabe seiner selbst am Kreuz! Doch gerade in seinem Kreuz scheint auch das Vermögen in der Freiheit des Menschen auf, diese Barmherzigkeit abzulehnen. Wurde nicht der Herr am Kreuz noch genauso verlacht wie Noah beim Bau der Arche? Wurde nicht der Herr am Kreuz genauso verachtet wie Lot und seine himmlischen Gäste? Und gerade diese waren beauftragt, Gerechte zu suchen, die Sodom vor der Vernichtung hätten bewahren können, wie Abraham es vom Herrn erbeten hatte. Wer aber ist gerecht?

2. Die Macht der Freiheit. Gott bindet sich in der Gewährung seiner Barmherzigkeit an die Freiheit des Menschen. Die Freiheit aber befähigt den Menschen, zu erkennen und zu tun, was vor Gott und seiner Liebe gerecht ist. Gerechtigkeit bedeutet auch, das Gute gut zu nennen und das Böse böse! Genau hier zog Gott schon bei den Menschen zur Zeit Noahs und zur Zeit Lots die Trennungslinie. Jene, die das Gute verlachten und das Böse taten und gut nannten, wurden nicht gerettet, sondern vernichtet. Auch die Barmherzigkeit Gottes, die sich in Jesu Opfer offenbart hat, nennt die Sünde nicht gut. Jesus starb für unsere Sünden, sein Leiden und Tod sind eine klare Aussage gegen die Sünde. Wir können Gottes Barmherzigkeit nicht hernehmen, um die Sünde gutzuheißen. Gottes Barmherzigkeit wird wirksam, wo wir unsere Sünde erkennen, als solche benennen und dann auch bekennen!

3. Mehr als alles hüte dein Herz! Unsere Hinwendung zu Gott und die Abwendung von der Sünde muss vollständig werden. Das Zurückblicken von Lots Frau trotz des Verbots der Engel ließ sie zur Salzsäule erstarren. Dieses Bild zeigt uns, dass das innere Anhängen an die Sünde unser Herz verhärtet und für Gottes Barmherzigkeit verschließt. Wessen Herz noch der Sünde anhängt, den kann Gott nicht in die ganze Freiheit seiner Liebe führen. An unserer inneren Haltung entscheidet sich die Erlösung, die äußeren Taten allein sagen noch nichts über unseren Zustand. Die frei gewählte Abkehr vom Bisherigen und die Umkehr zu Gott öffnet unser Herz für Gottes barmherziges Wirken darin. Der Tag der Offenbarung des Menschensohnes wird der Tag sein, an dem nicht mehr Äußerlichkeiten entscheiden, sondern das Innere, das Herz eines jeden Menschen darüber entscheidet, ob Gott an ihm Barmherzigkeit üben kann oder nicht. Der rätselhafte Hinweis Jesu auf ein Aas und die es umkreisenden Geier erscheint noch einmal wie eine Mahnung, auf das zu achten, was unser Herz umgibt. Denn was wir an unser Herz heranlassen, kann aufzeigen, ob es in Gottes Liebe lebendig oder in der Abkehr von ihr schon wie tot ist.

Gespräch mit Christus: O Jesus, die Bedeutung meiner Freiheit ist groß. Manchmal erschreckt sie mich, ist sie mir unbequem. Nimm mir dieses Erschrecken durch die Erkenntnis meiner Würde, für die mir die Sünde den Blick verdunkelt. Hilf mir, nicht in Glaubensroutine zu verfallen, sondern in einem guten Sinne unruhig zu bleiben - aus Sehnsucht nach einem reinen Herzen.

Möglicher Vorsatz: Ich will Jesus um die Reinheit des Herzens bitten.

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