Tägliche Meditationen
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Samstag,
4. Juli 2020

Der Weg ins echte Christentum

Samstag der dreizehnten Woche im Jahreskreis
Hl. Ulrich von Augsburg, Bischof
Hl. Elisabeth von Portugal, Königin

Br. Nils Schäfer LC

Mt 9,14-17
In jener Zeit kamen die Jünger Johannes‘ des Täufers zu Jesus und sagten: Warum fasten deine Jünger nicht, während wir und die Pharisäer fasten? Jesus antwortete ihnen: Können denn die Hochzeitsgäste trauern, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der Bräutigam genommen sein; dann werden sie fasten. Niemand setzt ein Stück neuen Stoff auf ein altes Kleid; denn der neue Stoff reißt doch wieder ab, und es entsteht ein noch größerer Riss. Auch füllt man nicht neuen Wein in alte Schläuche. Sonst reißen die Schläuche, der Wein läuft aus, und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuen Wein füllt man in neue Schläuche, dann bleibt beides erhalten.

Einführendes Gebet: Ich danke dir, Vater, für diese Zeit des Gebets, in der ich einfach bei dir sein darf, ohne etwas zu leisten. Erfülle mich mit deiner Gegenwart und Liebe und hilf mir, immer mehr in die Identität als dein Kind hineinzuwachsen.

Bitte: Herr, hilf mir, in der wunderbaren Freiheit der Kinder Gottes zu wachsen!

1. Der Frust des Scheinchristentums. Warum fasten deine Jünger nicht genauso streng wie wir? Bei dieser Frage schwingt ein gewisser Frust mit. Wenn es wirklich ein überzeugtes Fasten ist, was stören sie sich dann an den Jüngern Jesu? Ohne dass wir es vielleicht erkennen und ausdrücken, gibt es diesen Frust aber auch öfter in uns. Warum muss ich mich in meinem Christsein so anstrengen, und den anderen geht es trotzdem immer besser als mir? Warum beten die anderen nicht so viel wie ich oder halten sich nicht an alle Gebote (so wie ich)? Letztlich drückt dies nur die Unzufriedenheit mit unserem eigenen Leben aus. Es ist vielleicht sogar die meistverbreitete Irrlehre: Wie Pelagius (gest. 418), der eine falsche Gnadenlehre verbreitete, versuchen wir immer wieder, unsere Christsein an unserer Leistung zu bemessen. Je besser ich alle meine Gebete und Verpflichtungen erfülle, desto ein besserer Christ bin ich. Echtes Christentum ist aber die unverhoffte Begegnung mit Jesus Christus, ein Geschenk, auf das wir mit Liebe antworten. Dieses Scheinchristentum, das auf Leistung basiert, versklavt uns und lässt uns nur die anderen verurteilen, weil wir im Grunde zutiefst unzufrieden sind. Wie lebe ich meinen Glauben?

2. Neues Leben. Christus spricht anschließend von dem neuen Wein und dem neuen Kleid. Er will uns ein neues Leben und eine neue Identität schenken, die nicht von unserer Leistung abhängt, sondern von unserer Identität als Kinder Gottes. Es ist schwer für uns, dieses neue Leben zu verinnerlichen, weil unser ganzer Alltag von einem Leistungsdenken geprägt ist. Je erfolgreicher ich bin, desto mehr bin ich wert. Genau hier setzt die Revolution des Christseins an. Wir müssen uns nicht selbst erschaffen, sondern sind schon durch Gott ins Dasein geliebt. Wir müssen auch nicht unsere Existenz und unsere Schwächen rechtfertigen, weil Gott unser Leben schon als sehr, sehr gut bejaht hat. Wir müssen uns nicht durch perfektionistische Bemühungen selbst erlösen, weil wir schon einen Erlöser haben. Legen wir das Christentum nicht an, um nach außen perfekt zu erscheinen, sondern kleiden wir uns innerlich mit diesem neuen Stoff, der aus Gottes Erbarmen gewirkt ist.

3. Der Weg der dankbaren Annahme. Es braucht eine existentielle Demut, um dieses neue Leben in Gott anzunehmen. Es ist letztlich ein Weg aus der Gefangenschaft der eigenen Leistung heraus in die Freiheit der Kinder Gottes. Diese Lebensaufgabe besteht aus ganz vielen kleinen Entscheidungen, die ich über meine innere Einstellung fälle. Letztlich kann ich mich immer selbst entscheiden, ob ich einen Akt der Liebe für mein eigenes Erfolgskonto oder aus einer freien Antwort auf Gottes Liebe heraus vollbringe. Wie will ich mein Leben leben? Als Sklave meiner Leistung oder als freies Kind Gottes?

Gespräch mit Christus: Guter Vater, ich danke dir, dass du mir meine Identität als geliebtes Kind schenkst. Mir fällt es schwer, dieses Geschenk anzunehmen, weil ich es so gewohnt bin, leisten zu müssen. In deiner Gegenwart entscheide ich mich für deine Liebe. Hilf mir bei jedem kleinen Schritt auf diesem Weg, denn ohne deine Gnade schaffe ich es nicht.

Vorsatz: Heute will ich Gott drei Dinge aus zweckfreier Liebe schenken und am Abend nicht frustriert sein, wenn ich meinen eigenen Ansprüchen nicht entsprochen habe.

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