Tägliche Meditationen
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Samstag,
10. Juni 2006

Die unaufrichtigen Menschen

Samstag der neunten Woche im Jahreskreis

P. Edward McIlmail LC

Mk 12,38-44
Er lehrte sie und sagte: Nehmt euch in acht vor den Schriftgelehrten! Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Straßen und Plätzen grüßt, und sie wollen in der Synagoge die vordersten Sitze und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben. Sie bringen die Witwen um ihre Häuser und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete. Aber um so härter wird das Urteil sein, das sie erwartet.
Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hergegeben; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles gegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.

Einführendes Gebet:  Herr, hilf mir, aus meiner Gebetszeit Nutzen zu ziehen und sie als einen Ausdruck meiner tiefen Sehnsucht, dich zu lieben und nachzuahmen, zu sehen.

Bitte:  Herr Jesus, schenke mir die Gnade, meinen katholischen Glauben als eine liebende Beziehung zu erkennen und entsprechend zu handeln.

1. „Nehmt euch in acht vor den Schriftgelehrten!”  Für die Schriftgelehrten blieb die Religion an der Oberfläche; sie sank nicht tief in ihre Herzen. Sie betrachteten Religion als die Beachtung einer Reihe von Gesetzen. Auch wir können in die gleiche Falle tappen. Der katholische Glaube könnte zur Liste von „das macht man” und „das macht man nicht” reduziert werden. In Wahrheit dreht sich aber alles um Christus. Um uns den Weg zum Heil zu zeigen, hätte uns Christus einfach nur einen Verbotszettel zuschicken können. Das tat er aber nicht. Statt dessen kam er demütig zu uns, erst in der Krippe, dann am Kreuz. Was hat er nicht für uns getan? Was hat er nicht alles für mich getan? Sehe ich meinen Glauben als eine Beziehung mit dem Einen, der so viel für mich getan hat?

2. „In ihrer Scheinheiligkeit verrichten sie lange Gebete.”  Menschen, die Religion aufs Herunterrattern von Gebeten reduzieren, aber das Gebot der Liebe vernachlässigen, kann man nur bedauern. Was sie tun, ist nur ein Abglanz von dem, was echte Religion sein sollte: eine liebende Beziehung mit Gott, die im täglichen Leben ihre Kreise zieht. Dies schließt Akte der Großzügigkeit und des Erbarmens ein. Das Gebet sollte darauf hinzielen. Das Gebet sollte nicht in sich verschlossen bleiben, abgeschnitten vom Rest des Tages. Statt dessen sollte es als Sprungbrett für Akte der Liebe und der Geduld dienen. Hat mein Gebet einen Einfluss auf meinen Umgang mit Menschen?

3. „Die kleinen Münzen der Witwe.“  Großzügigkeit ist relativ. Für die Bedürftigen kann „ein bisschen“ viel bedeuten. Das Problem ist: zu oft sehen wie nur das Wenige und erkennen nicht das Viele! Möglicherweise setzen wir uns nieder zu einem guten Essen, ohne zu erkennen, wie sehr sich die Mutter oder die Ehefrau abrackern musste, um es pünktlich auf den Tisch zu bringen. Wir nehmen die Hilfe eines Pfarrmitglieds an und wissen nicht, wie sehr das in sein persönliches Leben einschneidet. Unser Herr ruft uns auf, die seltenste Blume im Garten der Tugenden zu pflegen: die Dankbarkeit. Wie oft drücke ich meinen Dank aus?

Gespräch mit Christus:  Herr, hilf mir, den Glauben als einen Weg zu erkennen, dir Dankbarkeit zu zeigen für alles, was du getan hast und noch tust. Hilf mir, die Mentalität einer nur aufs Äußerliche beschränkten Religion zu überwinden und die Kirche und ihre Lehre als einen Ausdruck deiner Liebe zu erkennen.

Vorsatz:  Heute will ich jemandem danken, den ich als selbstverständlich hingenommen habe.

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