Samstag,
22. Oktober 2022
Wie einfach es ist, zu urteilen
Samstag der neunundzwanzigsten Woche im Jahreskreis
Br. José Andrés González Fernández LC
Lk 13,1-9
In jener Zeit kamen einige Leute zu Jesus und berichteten ihm von den Galiläern, die
Pilatus beim Opfern umbringen ließ, so dass sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte. Da sagte er
zu ihnen: Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen
Galiläer aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Oder
jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass nur
sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr
alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann
hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. Da
sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte
trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Weingärtner
erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.
Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.
Einführendes Gebet: Mein Gott, guter und barmherziger Vater, du urteilst nie im Groll über uns, sondern schaust auf uns mit bedingungsloser Liebe. Komm heute und lehre uns, so zu sein wie du, ein Herz wie das deine zu haben und mehr auf deine Liebe zu vertrauen.
Bitte: Heute bitte ich um die Gnade deines Blicks, damit ich mich selbst und andere so sehen kann, wie du uns siehst: mit bedingungsloser Liebe.
1. Sehen, wie Gott sieht. Wir sind Experten darin, Dinge zu sehen und sofort ein Urteil über sie zu fällen. Es vergeht keine Minute, in der wir nicht bereits ein Ereignis, eine Handlung oder eine Person beurteilt haben, ohne wirklich zu wissen, was geschehen ist. Dies geschieht nach außen (in Bezug auf andere), aber auch nach innen (in Bezug auf unser eigenes Leben). Dazu muss man lernen, so zu sehen, wie Gott sieht, und ich sehe keinen besseren Weg, damit zu beginnen, als sich dessen bewusst zu sein und um diese Gnade zu bitten. Wie würde sich mein Bild von anderen verändern, wenn ich sie so sehen könnte, wie Gott sie sieht?
2. Mich selbst sehen können. Wie würde sich meine Vorstellung von mir selbst ändern, wenn ich wüsste, wie Gott mich sieht? Wie sehen Sie sich selbst, wenn Sie wissen, dass Sie versagt haben, wenn Sie gesündigt haben, wenn Sie sich von Gott und von Ihrer Familie abgewandt haben, wenn Sie gelogen, jemanden verletzt haben? Wie sehen Sie sich selbst? Aber in diese Situation hinein frage ich: Wie sieht Gott Sie jetzt? Beten Sie zu ihm und bitten Sie ihn um die Gnade, diesen Blick des barmherzigen Vaters, des treuen Freundes zu erfahren, der alles weiß, der Sie kennt und sogar liebt.
3. Sich aus Liebe und nicht aus Furcht bekehren. Damit sind wir bei der nächsten Frage angelangt. Glauben wir, beten wir und gehen wir in die Kirche aus Furcht vor Strafe oder aus Liebe zu einer realen Person? Diese Frage kann uns helfen, unsere Liebe zu Jesus zu erneuern, vor allem aber, um uns seine Liebe wieder bewusst zu machen. Wie Papst Benedikt XVI. in seinem Lehrschreiben Deus caritas est sagt: "Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person."
Gespräch mit Christus: Jesus, ich möchte lernen, mit deinen Augen zu sehen. Gib mir die Gnade, mich selbst mit deinem liebevollen Blick zu betrachten, damit ich auch andere mit Liebe und Barmherzigkeit betrachte, mit Verständnis und dem Wunsch zuzuhören, bevor ich urteile.
Vorsatz: Heute werde ich mich darin üben, mich zu fragen, wie Gott jeden Menschen sieht, besonders den, den ich regelmäßig verurteile. Und ich werde Gott um die Gnade bitten, mit seinen Augen zu sehen und mit seinem Herzen zu lieben.