Tägliche Meditationen
X

Freitag,
9. September 2016

Von Splittern und Balken

Freitag der Dreiundzwanzigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Petrus Claver SJ

Ellen Charlotte Petermann

Lk 6,39-42
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Kann ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen? Der Jünger steht nicht über seinem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat, wird wie sein Meister sein. Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen!, während du den Balken in deinem eigenen Auge nicht siehst? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.

Einführendes Gebet: Vater, ich danke dir, dass du immer Zeit für mich hast. Ich kann immer mit der Gewissheit zu dir kommen, dass du mich niemals abweisen wirst. Ich danke dir, dass ich zwei gesunde Augen habe, für mein Augenlicht, aber ich danke dir auch für die Lichter, die meine Seele erhellen und mich näher zu dir bringen, dich für mich anziehend machen.

Bitte: Vater, bitte hilf mir, meine Mitmenschen mit deinen Augen zu sehen.

1. Meine eigene Blindheit. Die wichtige Frage stellt Jesus sofort selber, nämlich ob ein Blinder einen Blinden führen kann. Die Antwort erübrigt sich eigentlich. Worum geht es hier? Am Tag meiner Taufe bin ich nicht nur Kind Gottes geworden, sondern habe auch Anteil am allgemeinen Priestertum der Kirche empfangen. Das bedeutet, Apostel zu sein, meinen Glauben zu verkünden und andere Menschen zu Gott zu führen. Und damit wird Jesu Frage für mich aktuell: Der Blinde, das ist derjenige, der Gott nicht kennt, oder, ihn noch nicht richtig kennt. Aber wie steht es mit mir? Bin ich auch (noch) blind? Oder kenne ich den Weg? Brauche ich Hilfe? Wer ist der Weg? Jesus ist der Weg. Nur durch ihn kann ich zum Sehenden werden. Ich muss mir im Klaren darüber sein, dass ich mich immer eng an ihn halten, meinen Weg korrigieren muss, damit ich nicht abkomme und in die falsche Richtung laufe.

2. Lernprozess. Jesus gibt nach seinen beiden Fragen schon eine erste Antwort, eine Art "Gebrauchsanweisung": Ein Jünger steht zwar nie über seinem Meister, aber er kann von ihm lernen und dann wie er werden. Wenn wir also andere führen, bzw. (be)lehren wollen, sollten wir uns ganz an die Lehre dessen halten, der schon perfekt sieht, das heißt an Jesus und somit an die Lehre der Kirche. Heutzutage hat leider ein Großteil der Menschen ein sehr geringes Glaubenswissen. Umso mehr gilt: Der Lernprozess, sowohl der eigene, als auch derjenige anderer Menschen, dauert das ganze Leben.

3. Die eigene "Evangelisierung". Im zweiten Teil seiner Belehrung trifft Jesus einen jeden von uns wohl an einem ganz sensiblen Punkt. In unserem Hochmut schauen wir oft von oben herab auf unsere Mitmenschen. Wir kritisieren ihre Schwächen und Fehler. Wir werden zornig über ihre Unbelehrbarkeit und Lasterhaftigkeit. Dabei übersehen wir unsere eigene Fehlerhaftigkeit und Arroganz. Müssen wir nicht zu allererst an uns selber arbeiten, die Tugenden Jesu verinnerlichen, um anderen effektiv helfen zu können?

Gespräch mit Christus: Vater, immer wieder stehe ich als Sünder vor dir. Im Umgang mit meinen Nächsten stehen mir oft mein Hochmut und meine subjektive Sicht der Dinge im Wege. Bitte, schenke mir die Gnade, in den Tugenden zu wachsen, mich selber zu vergessen und das Gute in meinen Mitmenschen wirklich zu sehen.

Möglicher Vorsatz: Heute werde ich jemandem, der mich verletzt hat, bewusst in Liebe begegnen.

Archiv

Tägliche Meditationen