Tägliche Meditationen
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Sonntag,
7. Mai 2017

Die Tür zum Gewissen

Vierter Sonntag der Osterzeit

Br. Gabriel Wendt LC

Joh 10,1-10
In jener Zeit sprach Jesus: Amen, amen, das sage ich euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. Ihm öffnet der Türhüter, und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus, und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen. Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.

Einführendes Gebet: Gott, in diesem meinem Gebet möchte ich in meinem Inneren für deine Gnade Raum schaffen. Durch die Taufe wohnst du in mir – das glaube ich fest. Für ein paar Minuten will ich deshalb den Blick nach innen richten und gewahr werden, wo du bist und was du sagst.

Bitte: Herr und Gott, schärfe mein Gehör und gib mir in meinem Gewissen die Fähigkeit, deine Stimme von anderen Stimmen zu unterscheiden.

1. Die Rollen im Gleichnis. Der Evangelist Johannes malt das Bild vom Geschehen im und um den Schafstall reichlich aus: Neben den Schafen selbst verteilt er nicht nur die Rolle des Hirten; auch Diebe, Räuber und ein Türsteher kommen vor. Das Gleichnis stellt letztlich die Frage: Was ist für die Schafe – die Menschheit – das Beste? Wer ist der Beste für sie? Wer führt sie zum "Leben in Fülle"? Die Antwort scheint offensichtlich; Jesus gibt sie dennoch erneut, und zwar mit einer Vehemenz, die uns vom Herz Gottes spricht. Denn wie oft muss Gott zusehen, wie sich der Zweifel daran, ob Gott es gut mit uns meint, ins Menschenherz schleicht! "Gott will nicht, dass ich glücklich bin," hört er den Menschen dann munkeln. "Er weiß nicht, wie gut mir dies oder jenes tun würde. Sein Gebot ist so lästig."

2. Die Szene an der Stalltür. Vieles dringt Tag für Tag auf uns herein: Bilder, Stimmen, Lärm, Ideen, Neuigkeiten, Fragen, Anschuldigungen und vieles mehr. Und nicht immer ist so deutlich zu erkennen, ob das, was da an mein Herz klopft, gut oder schlecht ist. Christus ist die Tür. So wie die Schafe gelernt haben, von wem sie Gutes erwarten können, so muss das Herz des Christen einen Instinkt entwickeln, durch den es erkennt, ob ein Gedanke, eine Tat oder eine Situation Gutes birgt oder nicht. Denn was immer sich sträubt, vor Christus hinzutreten, was seinem Blick nicht standhält oder seinen Worten widerspricht, das ist "diebisch", das will mir nicht Leben schenken, sondern es mir nehmen.

3. Der Instinkt der Schafe. Jesus ruft einen jeden "einzeln beim Namen". Das instinktive Erkennen, was "christlich" ist, bildet sich nicht allein durch das Erlernen von Normen und das Studieren des Glaubensgutes aus. Zentral ist der persönliche Bezug zu Christus, die Christozentrik. Nur der häufige Umgang mit ihm – im Gebet, im Sakrament, im Lesen des Evangeliums und in der werktätigen Nächstenliebe – kann uns dazu bringen, ihn so leicht und eindeutig zu erkennen, wie ein Schaf seinen Hirten erkennt.

Gespräch mit Christus: Jesus, ich kenne dich. Immer wieder einmal mache ich die Erfahrung, dass du tatsächlich in meinem Leben stehst. Bitte begleite mich auch heute, sei an meiner Seite und wache über alles, was auf mich zuströmt.

Möglicher Vorsatz: Ich möchte bei einer Entscheidung bewusst innehalten und prüfen, was Christus über die Optionen denkt, die zur Auswahl stehen.

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