Tägliche Meditationen
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Sonntag,
15. Oktober 2006


Eine geistige Wand

Achtundzwanzigster Sonntag im Jahreskreis

P. James Swanson LC

Mk 10,17-30
Als sich Jesus wieder auf den Weg machte, lief ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich. Da sagte Petrus zu ihm: Du weißt, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus antwortete: Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen: Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser, Brüder, Schwestern, Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben.

Einführendes Gebet:  Ich komme zu dir, mein Freund und Lehrer, damit ich auf dich höre und dich so immer mehr verstehe, immer mehr von dir lerne und ganz annehme, was immer von mir in deiner Nachfolge verlangt wird.

Bitte: Hilf mir, Herr, großzügig die Opfer anzunehmen, die deine Nachfolge heute von mir verlangt.

1. Eine ehrliche Frage.  Jesus trifft einen Mann, der willens ist, alles zu vollbringen, was nötig ist um das ewige Leben zu erlangen. Woher wissen wir das? Als Jesus ihm als Erklärung dafür, was er tun muss, um das ewige Leben zu erhalten, die Gebote aufzählt, antwortet er, dass er diese seit seiner Jugend beachtet hat. Wenn er die Gebote bisher nicht befolgt hätte, wäre seine Frage bereits beantwortet gewesen. Er hätte nur nach Hause gehen und den Geboten folgen müssen. Er fährt aber fort: „Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt.“ Das ist wahr. Markus erzählt uns weiter: „Jesus sah ihn an und liebte ihn.“ Wenn der Mann nicht die Wahrheit gesagt hätte, hätte Jesus ihn darauf aufmerksam gemacht. Vielleicht indem er sein Gewissen angesprochen hätte, um ihm bei der Erkenntnis zu helfen, was er in der Befolgung der Gebote noch besser machen könnte. Jesus macht das mit uns jeden Tag, wenn wir ehrlich sind und uns täglich fragen, ob wir wirklich Gottes Willen befolgen. Er hat keine Bedenken, uns zu sagen, worin wir versagen und uns zu helfen, besser zu werden.

2. Ein ehrliches Leben.  Offensichtlich sagt dieser Mensch die Wahrheit. Er hat sich immer ernsthaft angestrengt und war erfolgreich in der Erfüllung von all dessen, was der jüdische Glauben verlangt – wenigstens insoweit, wie er Gottes Gebote versteht. Vielleicht wünschen wir uns, dass auch wir mit dem gleichen guten Gewissen antworten können: „Ich habe alle diese Gebote gehalten.“ Jedoch, so wie wir Menschen sind, sind wir auch schwach. Wir können jederzeit fallen. Was Gott von uns erwartet ist nicht ein Leben ohne Sünde, sondern dass wir nach Reue streben und nach schneller Umkehr zum Gehorsam, wenn wir gefallen sind. Ein Mensch, der seine Sünden leicht nimmt, selbst in kleinen Dingen, zerstört sein Gewissen. Im Gegensatz dazu zeigen wir, wenn wir die Verantwortung für unsere Sünden auf uns nehmen, bereuen und uns nach unserem Sturz schnell wieder erheben, unsere Verpflichtung für die moralischen Ansprüche der Gebote Gottes, und bereiten den Boden dafür, die Gnade moralischer Vollkommenheit zu erhalten, die wir von uns aus nicht erreichen können.

3. Er kann sich aber nicht überwinden, den nächsten Schritt zu tun.  Der Mann tut alles, was sein jüdischer Glaube von ihm verlangt, und er will noch mehr für Gott tun. Er hat Gott nie etwas abgeschlagen. Jesus sieht, er ist bereit für den nächsten Schritt. Er beruft ihn zum Apostel. Er ruft ihn auf, alles andere in seinem Leben zu verlassen und ihm nachzufolgen. Da er bisher Gott nie etwas abgeschlagen hat, könnte man meinen, dass er „ja” sagen könne. Er kann es aber nicht. Es ist zu viel. Obwohl es ihm nicht bewusst ist, gibt es Dinge in seinem Besitz, die er mehr liebt als Gott. Er vertraut Gott nicht genug. Manchmal machen wir Fortschritte in unserem geistigen Leben, geben alles, was Gott von uns verlangt, bis zu dem Tag, an dem er uns um etwas bittet, das wir nicht bereit sind, ihm zu geben. Unser geistiges Leben ist festgefahren – manchmal für Jahre – bis wir willens sind, das zu geben, was Jesus von uns erbittet. Jesus beruft alle Menschen zur Vollkommenheit; dazu, Gott über alles zu stellen. Er verspricht, wenn wir uns selbst hingeben, um ihm nachzufolgen, dann wird er unser Leben mit sich selbst erfüllen.

Gespräch mit Christus:  Lieber Jesus, ich habe mich bemüht, dir treu nachzufolgen. Du weißt, dass es manchmal ein Kampf war. Manchmal habe ich dir großzügig Opfer gebracht. Manchmal habe ich dir gegeben, was du von mir erbeten hast, selbst wenn es schwierig für mich war. Das waren die schönsten Momente unserer Beziehung und ich denke gerne daran zurück. Auch heute erbittest du etwas von mir. Vielleicht hast mich schon früher darum gebeten, und ich wollte es dir nicht geben. Vielleicht habe ich es für Jahre zurückbehalten, und vielleicht ist deshalb mein geistiges Leben lau. Hilf mir, mich zu überwinden. Hilf mir, alles, was ich dir vorziehe, aufzugeben. Hilf mir, heute so großzügig zu sein, wie du es von mir erhoffst.

Vorsatz:  Gibt es an Sonntagen etwas, das ich zumeist nicht nach Gottes Willen tue? Heute werde ich mich bemühen, es besser zu machen.

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