Tägliche Meditationen
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Freitag,
2. November 2007

Ich habe die Schlüssel zu den Toren des Fegefeuers

Allerseelen

P. James Swanson LC

Joh 11,17-27
Als Jesus ankam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grab liegen. Betanien war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. Viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten. Als Marta hörte, dass Jesus komme, ging sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus. Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben. Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Letzten Tag. Jesus erwiderte ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das? Marta antwortete ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.

Einführendes Gebet:   Herr, hilf mir gut zu beten, damit deine Wahrheiten tief in mein Herz eindringen. Hilf mir zu erkennen, dass ich nur durch das Gebet zu einem tiefen Glauben an dich und deine Lehrenkommen kann und fähig werde, dich zum Mittelpunkt meines Lebens zu machen.

Bitte:  Herr, hilf mir, den Ernst des Fegefeuers zu begreifen und für die Seelen im Fegefeuer eifrig zu beten.

1. Sogar Gott weint über jene, die gestorben sind. Heute gedenken wir unserer Lieben, die von uns gegangen sind, so wie im heutigen Evangelium Maria und Marta ihres Bruders gedenken. Es ist etwas Gutes und Heiliges, traurig zu sein, wenn eine geliebte Person stirbt. Manche meinen, dass Traurigkeit über den Tod eines Menschen ein Zeichen von mangelndem Glauben sei. Jesus aber tadelt Maria und Marta nicht wegen ihrer Traurigkeit; stattdessen tröstet er sie. Später, als er selbst zum Grab kommt, weint Jesus über Lazarus (Joh 11,35). Wie schrecklich muss der Tod sein: Jesus weint über Lazarus, obwohl er weiß, dass er in wenigen Augenblicken von den Toten auferstehen würde. Wir schätzen die Tragödie des Todes noch nicht genug ‐ dass Gott selbst über einen Freund, der tot ist, weint, und der aber die ganze Zeit über weiß, dass er die Macht über den Tod hat.

2. Wir wollen nicht dorthin kommen. Wenn jemand stirbt, der viel gelitten hat, sind wir oft erleichtert, dass nun sein Leiden vorüber ist. Wir meinen manchmal vielleicht zu schnell, dass jemand nun im Himmel ist. Damit tun wir ihm aber keinen Gefallen. Die meisten von uns werden nicht direkt in den Himmel kommen. Wir werden etwas Zeit im Fegefeuer verbringen müssen, um von den falschen Bindungen und Wünschen, bedingt durch unsere Sündhaftigkeit, gereinigt zu werden, ebenso von jeglicher Sünde, für die wir nicht genung Buße geleistet haben. Wir tendieren dazu, das Fegefeuer zu unterschätzen, vielleicht weil die Seelen dort die Sicherheit haben, in den Himmel zu kommen. Es ist wahr, dass die Seelen im Fegefeuer eine Freude erfahren, die alles in diesem Leben übertrifft, es ist aber auch wahr, dass sie ein Leiden erfahren, dass alles Leiden dieser Welt übertrifft. Das Leiden im Fegefeuer ähnelt dem Leiden in der Hölle, und wir wissen, dass wir das nicht erleben wollen. Vielleicht halten wir das Fegefeuer für eine lange Warteschlange, wo wir stehen, bis Gott uns einläßt in den Himmel, und die Leiden des Fegefeuers sind nicht viel anders als die Leiden, die wir an einem geschäftigen Tag im Supermarkt erleben ‐ den Frust, warten zu müssen, den Ärger über jemanden vor uns, der zulange braucht. Nein. Das Fegefeuer ist nichts, das wir unseren Lieben wünschen, wenn wir können. Wir wollen auch nicht selbst dorthin kommen, wenn wir können. Das Großartige dabei ist: wir können etwas dafür tun, dass wir und unsere Lieben nicht dorthin kommen.

3. Allein der Lebendige hat die Schlüssel zum Fegefeuer. Was sind wir bereit zu tun, um nicht ins Fegefeuer zu kommen? Haben wir bisher überhaupt daran gedacht, das Fegefeuer vermeiden zu wollen? Ist uns klar, dass jedes Opfer, das wir in diesem Leben bringen, um das Fegefeuer zu vermeiden, nichts ist im Vergleich zum Leiden im Fegefeuer? Haben wir schon einmal daran gedacht, dass unsere Lieben vielleicht dort sind? Sind wir der Meinung, dass wir nichts mehr für sie tun können? Haben wir uns schon einmal ernsthaft Sorgen darüber gemacht, dass sie vielleicht im Fegefeuer sind? Wissen wir, dass unsere Gebete und Opfer der Schlüssel sind, um sie zu befreien, und dass wir diesen Schlüssel benutzen können, wenn wir wollen? Gott will, dass wir den Schlüssel benutzen. An diesem Tag, an dem wir der Seelen im Fegefeuer gedenken, wäre es gut, etwas für die zu tun, die dort sind; besonders für die, die wir am meisten lieben.

Gespräch mit Christus:  Liebster Jesus, in unserer Kultur haben viele die Gewohnheit, ein Photo ihrer Lieben, wenn sie gestorben sind, aufs Regal zu stellen und sie ansonsten zu vergessen. Wir vergessen aber dabei, dass sie weiter existieren und vielleicht noch unsere Hilfe brauchen. Da das Fegefeuer ein Ort ist, der zu dir führt, halten wir es für einen wünschenswerten Ort und vergessen dabei, dass jene, die dort sind, leiden müssen. Verzeih mir, Herr. Hilf mir, an meine Lieben zu denken und häufig für sie meine Opfer, Gebete und heiligen Messen aufzuopfern. Hilf mir, in meinem Leben die Entscheidungen zu treffen, die notwendig sind, um das Fegefeuer wenn möglich zu vermeiden.

Vorsatz:   Ich will heute für meine Lieben im Fegefeuer ein Opfer bringen und daran denken, dass für Gott nicht die Größe des Opfers zählt, sondern die Liebe, mit der ich es bringe.

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