Tägliche Meditationen
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Dienstag,
28. Dezember 2021

Das Leiden beginnt

28. November 2021

4. Tag der Weihnachtsoktav
Unschuldige Kinder
Fest

Beate Scheilen

Mt 2,13-18
Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, siehe, da erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten. Da stand Josef auf und floh in der Nacht mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. Dort blieb er bis zum Tod des Herodes. Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen. Als Herodes merkte, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten, wurde er sehr zornig und er sandte aus und ließ in Betlehem und der ganzen Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten, genau der Zeit entsprechend, die er von den Sterndeutern erfahren hatte. Damals erfüllte sich, was durch den Propheten Jeremia gesagt worden ist: Ein Geschrei war in Rama zu hören, lautes Weinen und Klagen: Rahel weinte um ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn sie waren nicht mehr.

Einführendes Gebet: Jesus, ich möchte diese Zeit ganz bewusst an deinem Herzen verbringen. Du bittest unaufhörlich um die Liebe jedes Menschen; ich möchte dir heute meine Liebe geben.

Bitte: Herr, schenke mir Aufmerksamkeit für die Botschaft, die du heute für mich ganz persönlich hast.

1. Auslandserfahrung tut not. Josef ist jetzt der Beschützer der Familie. Daher erscheint der Engel nicht Maria, sondern ihm – allerdings "nur" in einem Traum. Er sagt interessanterweise nicht "Nimm deine Frau und dein Kind", sondern "Nimm das Kind und seine Mutter" – ein Hinweis darauf, dass Josef nicht der leibliche Vater Jesu ist. Analog zum FIAT Marias gehorcht Josef sofort, er diskutiert nicht herum und wartet auf keine weitere Bestätigung. Noch in derselben Nacht verlässt die Heilige Familie ihre Heimat und flieht nach Ägypten – just in das Land, in dem Gottes auserwähltes Volk seinerzeit ein Sklavendasein in einer heidnischen Kultur geführt hat. Mose wuchs in dieser Umgebung auf und führte dann die Israeliten in die Freiheit. Für Jesus, den neuen Mose, wollte Gott es ebenso. Heute merken auch wir, wie es ist, als Christ in der säkularen Welt oft wie in einem fremden Land zu leben. Aber wenn selbst Jesus so gelebt hat, worüber sollen wir dann klagen?

2. Gott schreibt uns kein Drehbuch. Würde ich diese Nacht auf einen Traum hin aufstehen und alles verlassen? Meine Wohnung, meine Arbeit, meinen Besitz… und ins Ausland gehen, um dort komplett neu anzufangen? Kann das echt sein? Jeder geistliche Begleiter würde doch sagen, darüber müsse man erstmal beten und abwarten, ob der Gedanke nochmal auftritt. Aber Josef ist offenbar geübt in der Unterscheidung der Geister und kann, genau wie Maria, sofort sein Ja dazu geben. Trotzdem waren beide frei, dem Ruf zu folgen oder nicht. Sie bekamen auch danach kein göttliches Drehbuch, in dem detailliert beschrieben war, was sie wann zu tun hätten. Ihre Aufgabe war, für Jesus zu sorgen und im Übrigen darauf zu vertrauen, dass Gott sich um alles Nötige kümmern würde. Auch ich muss nicht jetzt schon wissen, was in der Welt und in meinem Leben alles passieren wird, und wie ich mich dann verhalten muss. Meine Aufgabe ist, im Vertrauen auf Gottes Führung Tag für Tag voranzugehen und in der Liebe zu wachsen.

3. Will Gott das Leid? Warum mussten so viele unschuldige Kinder sterben, damit Jesus überleben konnte? Sicher hat der Versucher ihm das in Getsemane auch vorgehalten, nebst einigen anderen Punkten: Wegen Jesus seien die Kinder umgekommen, er habe seine Mutter schrecklich leiden lassen, mehreren Familien die Söhne weggezogen etc. – Für jedes menschliche Leid wird Gott immer wieder gerne verantwortlich gemacht: wenn er es schon nicht verursacht hat, hätte er es zumindest verhindern können! Gott will das Leid aber nicht, und vermutlich verhindert er täglich viel Schlimmes, wovon wir gar nichts merken, da es eben nicht geschieht. Und darüber hinaus hat er uns das Geschenk des freien Willens gegeben. Herodes und viele andere haben dieses Geschenk tragisch missbraucht. Auch heute müssen sehr viele Kinder unschuldig leiden: materielles Elend, Abtreibung, Missbrauch haben letztlich ihre Ursache im fehlgeleiteten Willen und Handeln von Menschen. Um uns von diesen Verstrickungen zu lösen, ist Gott Mensch geworden. Und es wurde nur zu bald deutlich, dass es da auch jemanden gibt, dem das ganz und gar nicht gefällt… Folgen: siehe oben.

Gespräch mit Christus: Ist diese Flut an menschlichem Leid, Herr, die auch gerade wieder verstärkt über uns hereinbricht, wirklich der erforderliche Preis für unsere Erlösung? Kann unsere Willensfreiheit anders nicht gewährleistet werden? Du hast Paulus schreiben lassen, dass die Leiden dieser Zeit nichts sind im Vergleich zu der Herrlichkeit, die im Himmel auf uns wartet. Gegenüber dieser Aussage kann man nicht neutral bleiben. Wenn ich an dich glaube, Herr, ist dieser Satz ein riesiger Trost. Wenn ich dir nicht glaube, ist er blanker Zynismus… Hilf mir, Herr, dass ich dir vertrauen kann!

Vorsatz: Gibt es etwas, worüber ich mir ständig Sorgen mache? Ich möchte heute diesen Punkt ganz bewusst an Gott abgeben.

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