Tägliche Meditationen
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Samstag,
23. Oktober 2010

Der Feigenbaum, um den es fast geschehen war

Samstag der neunundzwanzigsten Woche im Jahreskreis

P. Michael Goodyear LC

Lk 13,1-9
Zu dieser Zeit kamen einige Leute zu Jesus und berichteten ihm von den Galiläern, die Pilatus beim Opfern umbringen ließ, sodass sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte. Da sagte er zu ihnen: Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass nur sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. Da sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Weingärtner erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.

Einführendes Gebet:  Herr, wer bin ich dass du deine Zeit opferst um mein Gebet zu hören? Wer bin ich, dass du zu mir sprichst? Du hast uns Menschen so große Würde verliehen, indem du unsere Natur annahmst, und mir persönlich hast du schon viele Geschenke gegeben. Immer wieder hast du Geduld mit mir und mich auf den rechten Weg zurückgeholt, wenn ich gefehlt habe. Danke für deine Zuneigung. Ich hoffe du holst mich auch in Zukunft auf den rechten Weg zurück, vor allem in der Stunde meines Todes. Deine Zuneigung und deine Geduld sind die Basis deiner Liebe zu mir. Ich möchte diese Liebe zurückgeben, da die einzige schlüssige Antwort auf empfangene Liebe geschenkte Liebe ist

Bitte: Herr, hilf mir so geduldig mit anderen zu sein wie du es mit mir bist.

1.  Der feigenlose Feigenbaum. Der Besitzer des Feigenbaums im Gleichnis, in dem viele Autoren Gottvater erkennen, sucht drei Jahre lang vergeblich nach Früchten an seinem Baum. Wie oft sucht wohl unser himmlischer Vater vergeblich nach Früchten an unserem Lebensbaum? Er hat uns den „Boden” bereitet und so viele Dinge gegeben, die zur Fruchtbarkeit beitragen. Er wünscht, dass wir fruchtbar sind, und sein Sohn hat uns erklärt, wie man diese Früchte bringt. Es gibt keine Entschuldigung. Lassen wir uns die Lehre des Gleichnisses gesagt sein: Wenn der Vater kommt, um bei uns nach Früchten zu suchen, dann kommt er, weil die Zeit der Ernte gekommen ist. Was werden wir zu ihm sagen, wenn er uns zehn, zwanzig, vierzig, sechzig Jahre Zeit gegeben hat, Früchte zu bringen und keine findet? Es geht nicht darum, appetitlich auszusehen. Es geht darum, nach des Vaters Plan Früchte zu bringen ‐ dauerhafte Früchte.

2. Der Feigenbaum, um den es fast geschehen ist. Im Gleichnis ist es um den Feigenbaum schon fast geschehen. „Hau ihn um”, lautete der Befehl des Besitzers. „Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?” Was für eine schreckliche Anklage! Er ist nutzlos und saugt ganz umsonst den Boden aus. Wenden wir dieses Gleichnis auf unser Leben an, dann lässt uns der Gedanke erschauern, dass unser Leben oder das anderer womöglich ebenso nutzlos ist. Hau es um. Schaff es weg. Es bringt keinen Nutzen. Das Urteil ist gerecht. Aber es ist ein Urteil, das bald aufgehoben wird, sowohl im Falle des Feigenbaums als auch in unserem Falle. Bin ich für Gottes immerwährende Barmherzigkeit mir und anderen gegenüber wirklich dankbar genug?

3. Lass ihn stehen. Dem Gärtner im Gleichnis ist es zu danken, dass der Feigenbaum weiterleben darf. Die Axt wird nicht an den Stamm gelegt und beraubt ihn der Schönheit seiner Blätter und gewundenen Äste. In unserem Fall tritt Jesus Christus, der gute Gärtner, für uns ein und bittet den Besitzer, den himmlischen Vater um Schonung; er selbst, der gute Gärtner, will die Sache in die Hand nehmen. Und wie er das tut! Der Gärtner selbst wird auf blutige Weise gefällt und gekreuzigt. Wir, die wir dieses Schicksal wahrlich verdient hätten, werden gerettet, während die Axt an den Stamm seines Leibes gelegt wird. Alles aus Liebe zu uns! Erzbischof Luis Martinez hat in seinem Buch „Das Geheimnis des inneren Lebens” ein schönes Bild gezeichnet, wenn er vom Leiden als einer Äußerung der Liebe spricht: „Es heißt, dass die Myrrhe ihren Duft nur verströmen lässt, wenn sie verletzt wird.” Der Duft „fließt Tropfen für Tropfen durch die Verletzungen der Rinde, die sie umschließen.”

Gespräch mit Christus: Herr Jesus Christus, wie geduldig der Vater mit mir ist! Ich danke dir, dass du zu meiner Rettung gekommen bist, dass du dein Leben für mich gegeben, dass du für mich gelitten hast, was ich aufgrund meiner Selbstbezogenheit und Sündhaftigkeit zu leiden verdient hätte. Doch bei dir ist Hoffnung.

Vorsatz:  Eingedenk der Geduld Gottes mit mir, werde ich heute mit jedem, dem ich begegne, Geduld haben.

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