Tägliche Meditationen
X

Dienstag,
4. August 2020

Christian Leadership

Hl. Johannes Maria Vianney, Priester (Pfarrer von Ars)
Gedenktag

Dorit Wilke-Lopez

Mt 15,1-2. 10-14
In jener Zeit kamen von Jerusalem Pharisäer und Schriftgelehrte zu Jesus und sagten: Warum missachten deine Jünger die Überlieferung der Alten? Denn sie waschen sich nicht die Hände vor dem Essen. Und er rief die Leute zu sich und sagte: Hört und begreift: Nicht das, was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, macht ihn unrein, sondern was aus dem Mund des Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Da kamen die Jünger zu ihm und sagten: Weißt du, dass die Pharisäer über deine Worte empört sind? Er antwortete ihnen: Jede Pflanze, die nicht mein himmlischer Vater gepflanzt hat, wird ausgerissen werden. Lasst sie, es sind blinde Blindenführer. Und wenn ein Blinder einen Blinden führt, werden beide in eine Grube fallen.

Einführendes Gebet: Komm, Heiliger Geist. Erleuchte mich. Erleuchte deine Kirche. Wenn deine Worte ohne dein Licht in uns hineinkommen, verhallen sie und bringen keine Frucht. Gehe du diese Meditation mit mir durch. Gib mir dazu die nötige Stille und die nötige Zeit. Danke, Heiliger Geist.

Bitte: Öffne unsere Augen.

1. Blindenführer. Wenn Jesus über die Pharisäer schimpft, bin ich immer geneigt, mich auf die andere Seite zu stellen. Ich bin ja nicht Pharisäer, wie gut. Die Pharisäer waren die religiösen Führer des Volkes Israel. Ich lebe als Christ in der Kirche und in der säkularen Gesellschaft. Wir Christen sollen Licht für die Welt sein, Salz für die Erde. Das heißt für mich: Ob ich will oder nicht, ich habe eine Wirkung auf andere. Ich kann mich dem nicht entziehen. Man kann unmöglich nicht kommunizieren! Insofern bin auch ich Pharisäer, religiöser Führer bzw. Führerin in einer säkularen Gesellschaft, aber auch für die Christen, die gemeinsam mit mir Jesus folgen. Das Zweite Vatikanum spricht vom allgemeinen Prophetentum aller Gläubigen. Im Regnum Christi nennen wir es Christian Leadership. Was für ein Anführer, was für eine Anführerin bin ich?

2. Blinde Führer? Jesus wirft den Pharisäern Blindheit vor. Kann er mir das auch vorwerfen? Kann er das der Kirche vorwerfen? Blindheit bedeutet hier, die Vorschriften um ihrer selbst willen blind zu befolgen, ohne den Sinn dahinter zu sehen, und daraus auf den Wert einer Person zu schließen. Was ist der Sinn aller christlichen Gebote? Dass die Liebe zu Gott und zum Nächsten Raum findet und wachsen kann. Nur wenn ich die Gebote aus Liebe befolge, strahle ich Liebe aus und bin ich Licht für andere. Ich muss zum Beispiel immer wieder mit mir kämpfen, wenn ich Bettlern Almosen gebe. Wenn ich es widerwillig oder gedankenlos tue, strahle ich Druck und Zwang oder Lieblosigkeit aus. Wenn ich es aus Liebe zu dem Anderen in seiner unerquicklichen Lage tue, mit einem herzlichen Lächeln, wird dieser Augenblick ein bisschen heller. Ich kann meine Ausstrahlung nicht einfach abschalten. Alles, was ich tue, und wie ich es tue, hat Wirkung auf andere! Jeder ist Influencer, wie es heute so schön heißt, davor kann sich keiner von uns drücken, dem kann sich keiner entziehen.

3. Fallen beide in die Grube? Am schwierigsten, aber gleichzeitig am wichtigsten finde ich in diesem Zusammenhang das Gebet. Unser Gebet ist die zentrale Schnittstelle zu Gott, wo die Liebe hin und her fließt. Aber wie schnell bete ich mehr mit den Lippen als mit dem Herzen! Wie abschreckend kann ein gedankenlos heruntergerasseltes Gebet auf Suchende und Ungläubige wirken, und wie berührend kann ein mit dem Herzen gesprochenes Gebet sein! Wie bewegend ist eine heilige Messe, wenn Gemeinde und Priester mit liebendem und dankbarem Herzen dabei sind. Ich fühle mich von der Atmosphäre in einer solchen Gemeinde immer bewegt und getragen. Wie wenig Liebe kann ausgetauscht werden, wenn ich beim Gebet nicht im Herzen bei Gott bin. Wie wenig kann ich dann auftanken mit der Liebe, die die Welt von mir bekommen soll. Mit innerer Anteilnahme zu beten, ist aber eine Herausforderung. Wenn ich viel bete, ist das gut, kann aber zur Routine erstarren, zum Abbeten eines Pensums. Wenn ich wenig bete, kann die Beziehung zum Herrn verloren gehen. Es ist klar, dass an diesem Angelpunkt unserer Gottesbeziehung der Teufel ansetzt, um uns von Gott wegzutreiben. Und dann, ohne wahres Gebet, wird es dunkel und wir werden blind. Dann sind wir automatisch blinde Blindenführer und fallen nicht nur selbst in die Grube, sondern führen auch noch die anderen hinein.

Gespräch mit Christus: Lieber Jesus, danke für die Ermahnung. Ich hätte nicht gedacht, dass die Aufgabe der Pharisäer, das Volk zu führen, als Christ in gewissem Sinne auch meine Aufgabe ist. Das ist schwer, Jesus, richtig schwer, aber ich verstehe, dass ich mich dem nicht entziehen kann, weil ich Teil eines großen Netzes aus Menschen bin, das auf mich reagiert. Herr, ich brauche da dringend deine Hilfe, heute und immer. Ohne dich können wir nichts tun. Liebe du in mir bei allem, was ich tue und unterlasse… Sei du mein Licht…Sei du meine Liebe…

Vorsatz: Vielleicht nehme ich mir heute vor, mit mehr Liebe zu beten und eine Tätigkeit, die ich sonst nur widerwillig oder routiniert ausführe, bewusst – wie man heute gern sagt, mit Achtsamkeit – und voller Liebe auszuführen

Archiv

Tägliche Meditationen