Tägliche Meditationen
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Freitag,
7. Dezember 2018

Kyrie, eleison!

Hl. Ambrosius, Bischof
Gedenktag

Hl. Gerald (Gerhard) OSB

P. Thomas Fox LC

Mt 9,27-31
In jener Zeit, als Jesus vorüberging, folgten ihm zwei Blinde und schrien: Hab Erbarmen mit uns, Sohn Davids! Nachdem er ins Haus gegangen war, kamen die Blinden zu ihm. Er sagte zu ihnen: Glaubt ihr, dass ich euch helfen kann? Sie antworteten: Ja, Herr. Darauf berührte er ihre Augen und sagte: Wie ihr geglaubt habt, so soll es geschehen. Da wurden ihre Augen geöffnet. Jesus aber befahl ihnen: Nehmt euch in Acht! Niemand darf es erfahren. Doch sie gingen weg und erzählten von ihm in der ganzen Gegend.

Einführendes Gebet: Herr, du gehst heute auch an mir vorüber. Begebe ich mich mit der gleichen Entschlossenheit wie die Blinden in deine Gegenwart? Zu Beginn jeder Messe bitte ich dich um Erbarmen. Dreimal rufe ich wie sie: "Herr, erbarme dich". Einmal genügt nicht, denn ich könnte vergessen haben, wer ich vor dir bin. Die Wiederholung hilft mir, wirklich zu meinen, was ich sage. Und das dritte Mal verschafft der Wahrheit zum Durchbruch: Wie ungemein nötig ich dich habe! Ja, wenn ich drei Herzen hätte, müssten alle drei für dich schlagen.

Bitte: Kyrie, eleison!

1. Gottes Gegenwart. Die Sprache der Liturgie verströmt vom Eröffnungsmoment der Messe an Gottes Gegenwart: Da ist die Bezeichnung mit dem Kreuz, es kommt der Gruß "Der Herr sei mit euch", die Antwort der Gläubigen "Und mit deinem Geiste", die Einladung zur Bereitung des Herzens, das Schuldbekenntnis, die Vergebungsbitte und der dreimalige Kyrie-Ruf: "Herr, erbarme dich!" – Alles atmet die Gegenwart Gottes. Das aufmerksame Herz geht daran nicht unberührt vorbei.Auch die beiden Blinden vom heutigen Evangelium spürten beim bloßen Vorübergehen Christi den Bann seiner verheißungsvollen Gegenwart. Sie ließen sich ihre Chance, Christus zu begegnen, ihre Bitten persönlich an ihn zu richten, nicht entgehen. Tun wir es ihnen nach. Rufen wir inständig in unserem Herzen nach Jesus und begrüßen wir ihn mit diesen Worten, die die Messfeier täglich auf unsere Lippen legt, denn der Kyrie-Ruf ist vor allem ein spontan aus dem Innern hervorbrechender Willkommensgruß an den Herrn, der in unserer Mitte ist: Kyrie, eleison!

2. Glaubst du, dass ich dir helfen kann? Man stelle sich vor, wie die beiden Blinden Jesus "folgten", ehe er "in das Haus" ging und sie zu ihm gelangen konnten. Wahrscheinlich hielten sie sich aneinander fest, tasteten sich mit der Hilfe eines Stocks und der Rufe Umstehender vor, gestikulierten mit Armen und Händen… Aber die Hoffnung auf Heilung und die verheißungsvolle Nähe des Herrn trieben sie voran.Bisweilen müssen auch wir Christus eine ganze Weile lang blind folgen, unseren Lebensweg behelfsmäßig bahnen und mühsam ertasten. Niemand nimmt uns das ab. Selbst wenn wir im Inneren mit Klarheit Christi Stimme vernehmen, bleibt uns die Verwirklichung seiner Pläne oft in weiten Zügen schlichtweg ein Rätsel. Darin besteht die Hauptlast des Glaubens: die ganze Welt im Herzen zu umfangen, aber auf diesem großen Feld bloß meine Parzelle bestellen zu können, dort die Erde umzugraben, den Samen auszusäen, die Pflanzen zu bewässern, das Unkraut zu jäten und sich zu fragen: Wird es etwas ändern? Demgegenüber ist die Ankunft vor dem Herrn, die Begegnung mit ihm, der große Moment der Ernte. Wenn wir vor ihm stehen, fällt die Antwort auf seine Frage "Glaubst du, dass ich dir helfen kann?" wirklich nicht mehr schwer: "Ja, Herr!!"

3. Ein unwirksamer Befehl. Dass die beiden Blinden nach ihrer Heilung völlig außer sich vor Freude gerieten und dem klaren Befehl Jesu entgegenhandelten, verwundert eigentlich nicht. Man fragt sich eher, wieso Jesus, der "wusste, was im Menschen ist" (Joh 2,25), überhaupt einen solchen Befehl aussprach. Vielleicht war es der einzige Weg, wenigstens aus diesem Dorf einigermaßen ungeschoren wegzukommen. Abgesehen davon zeigt es, welche innere Haltung Jesus mit dem Wirken von Wundern verbunden wissen wollte: absolute Diskretion. Es gefiel ihm nicht, wenn aus seiner Heilungstätigkeit ein Aufsehen gemacht wurde. Aber wie sollte man das verhindern, wenn nie vorher Gehörtes geschah: Blinde konnten sehen, Lahme gehen, Tote erstanden aus dem Grab und den Armen wurde das Evangelium vom Reich verkündet? Das Geheimnisvolle, Wundersame, völlig Unerklärliche, das in Christus Jesus tätig war und alle zu starrem Erstaunen rührte, konnte man unmöglich für sich behalten. "Da gerieten alle außer sich; sie priesen Gott und sagten voller Furcht: Heute haben wir etwas Unglaubliches gesehen!" (Lk 5,26)

Gespräch mit Christus: Herr, oft bin ich mir gar nicht bewusst, wen ich vor mir habe, wenn ich mit dir spreche. Du nennst mich zwar deinen Freund, aber du bist nicht einfach mein Kumpan. Und wenn ich mir deiner Größe theoretisch bewusst bin, heißt das noch lange nicht, dass ich darüber verfügen, sie mir auf Befehl auch fühlbar machen kann. Wenn mich dann doch einmal blitzartig die Einsicht durchfährt, wie groß und erhaben du bist, gibt es keinen Ort, an den ich vor dir fliehen könnte: Kyrie, eleison!

Möglicher Vorsatz: Ich suche einen Ort auf, wo ich die Gegenwart Gottes spüren kann (eine Kapelle, eine Kirche, einen Raum, einen Friedhof, einen Park) und verweile in seiner Gegenwart.

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