Tägliche Meditationen
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Montag,
4. Juni 2018

"Dann gehört alles uns"

Montag der neunten Woche im Jahreskreis
Hl. Christa, Märtyrerin
Hl. Klothilde von Franken
Hl. Werner von Ellerbach OSB

Beate Scheilen

Mk 12,1-12
In jener Zeit begann Jesus zu den Hohenpriestern, den Schriftgelehrten und den Ältesten in Form von Gleichnissen zu reden. Er sagte: Ein Mann legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land. Als nun die Zeit dafür gekommen war, schickte er einen Knecht zu den Winzern, um bei ihnen seinen Anteil an den Früchten des Weinbergs holen zu lassen. Sie aber packten und prügelten ihn und jagten ihn mit leeren Händen fort. Darauf schickte er einen anderen Knecht zu ihnen; auch ihn misshandelten und beschimpften sie. Als er einen dritten schickte, brachten sie ihn um. Ähnlich ging es vielen anderen; die einen wurden geprügelt, die andern umgebracht. Schließlich blieb ihm nur noch einer: sein geliebter Sohn. Ihn sandte er als Letzten zu ihnen, denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. Die Winzer aber sagten zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn töten, dann gehört sein Erbgut uns. Und sie packten ihn und brachten ihn um und warfen ihn aus dem Weinberg hinaus. Was wird nun der Besitzer des Weinbergs tun? Er wird kommen und die Winzer töten und den Weinberg anderen geben. Habt ihr nicht das Schriftwort gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden; das hat der Herr vollbracht, vor unseren Augen geschah dieses Wunder? Daraufhin hätten sie Jesus gern verhaften lassen; aber sie fürchteten die Menge. Denn sie hatten gemerkt, dass er mit diesem Gleichnis sie meinte. Da ließen sie ihn stehen und gingen weg.

Einführendes Gebet: Jesus, ich möchte diese Zeit ganz bewusst an deinem Herzen verbringen. Du bittest unaufhörlich um die Liebe jedes Menschen; ich möchte dir heute meine Liebe geben.

Bitte: Herr, schenke mir Aufmerksamkeit für die Botschaft, die du heute für mich ganz persönlich hast.

1. Israel als Gottes Weinberg. Jesus spricht zu den jüdischen Autoritäten wiederum in einem Gleichnis. Hintergrund sind die Streitgespräche um die Vollmacht im Tempel. Israel ist der Weinberg, den Gott sich mit viel Mühe angelegt hat. Die religiösen Führer sind die Winzer. Ihnen ist das Volk anvertraut. Die scheinbare Abwesenheit Gottes nutzen sie aus, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Die von Gott gewünschten Früchte bringen sie nicht – im Gegenteil: jeden Propheten, der sie daran erinnert, bringen sie um. Der Besitzer im Gleichnis antwortet darauf merkwürdigerweise nicht mit Gericht und Polizei, sondern er schickt unbewaffnete Mitarbeiter, um doch noch zu einem gütlichen Einvernehmen zu kommen. Nachdem die alle getötet worden sind, schickt er den bösen Winzern nicht etwa eine Schlägertruppe, sondern seinen geliebten Sohn – eigentlich eine ganz und gar verrückte Handlung – nur verständlich vor dem Hintergrund der göttlichen Liebe.

2. Krieg im Weinberg. Anstelle des erhofften Respekts vor dem Sohn des Weinbergbesitzers steigert sich die Boshaftigkeit der Winzer zu einem der übelsten Pläne, die man sich vorstellen kann: "Das ist der Erbe – wenn wir den töten, gehört der Weinberg uns!" Jeder schriftkundige Jude musste dabei sofort an Joseph denken – den Lieblingssohn seines Vaters Jakob, den seine missgünstigen Brüder töten wollten. Sein Verkauf nach Ägypten rettete letzten Endes das ganze Volk Israel. Aber soweit denken die Mitglieder des Hohen Rates nicht. Sie sehen genau wie die Winzer nur ihren eigenen Vorteil: "Wenn Jesus mit seinen Ansprüchen beseitigt ist, gehört das Volk wieder uns - seinen religiösen Führern." Doch Jesus warnt sie: Der Besitzer wird sich diese Tat nicht mehr gefallen lassen. Er wird kommen und die Winzer töten; den Weinberg werden andere erhalten. Jeder Zuhörer konnte sich ausmalen, was das bedeutete. Ein paar Jahrzehnte später, bei der Zerstörung Jerusalems, wurde es für jeden offensichtlich.

3. Und am Schluss sind alle tot? Aber nicht nur der Hohe Rat von damals kann sich die Rolle der bösen Winzer "anziehen". Jeder Mensch seit Adam und Eva trägt in sich den Gedanken der Rebellion gegen Gott, den Besitzer des Weinbergs – den Herrn der Schöpfung, die uns zur Verwaltung gegeben ist. Schon damals machte die Schlange den Menschen vor, das göttliche Gebot sei eine Einschränkung ihrer Freiheit und nur seine Übertretung werde ihnen das bringen, was sie sich erhoffen: "Ihr werdet sein wie Gott!" Darum möchten die Winzer mit dem Weinberg machen, was sie wollen – und darum möchte der Mensch seit jeher nach eigenem Gutdünken leben. Darum die Christenverfolgung, darum die Angriffe gegen die Kirche: "Wenn wir Gott umbringen – wenn wir die christliche Kultur zerstören – dann … ja dann gehört alles uns!" Wirklich? Und wenn ja, um welchen Preis? Wie viele Tote hat gerade die neuere Geschichte bei dem Versuch, eine Weltordnung ohne Gott umzusetzen, schon gefordert! Doch Jesus geht es nicht darum, eine Schreckensgeschichte zu erzählen, an deren Ende alle tot sind. Er bezieht das Gleichnis auf sich selbst: Er ist der Stein, der kurze Zeit später von den Bauleuten verworfen wird – aber zum Grundstein für den neuen Tempel und das neue Volk Gottes werden wird. Und auch wir heute dürfen die begründete Hoffnung haben, dass Jesus am Ende über alle Mächte des Todes siegen wird!

Gespräch mit Christus: Herr, man sollte wirklich meinen, deine Geduld mit der Menschheit sei langsam überstrapaziert! Doch deine Liebe denkt sich trotz aller Hindernisse immer wieder Möglichkeiten aus, uns doch noch zu dir zu führen. Wie wertvoll müssen wir dir sein, dass du das alles erträgst!

Möglicher Vorsatz: Ich möchte mit einem Menschen, dessen Verhalten mir immer wieder auf die Nerven geht, Geduld haben und freundlich zu ihm sein, auch wenn es mir schwer fällt.

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