Tägliche Meditationen
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Montag,
12. November 2007

Gott nacheifernde Menschen gewähren Vergebung wie Gott

Montag der zweiunddreißigsten Woche im Jahreskreis
Heiliger Josaphat, Bischof und Märtyrer

P. Cliff Ermatinger LC

Lk 17,1-6
Jesus sagte zu seinen Jüngern: Es ist unvermeidlich, daß Verführungen kommen. Aber wehe dem, der sie verschuldet. Es wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen, als daß er einen von diesen Kleinen zum Bösen verführt. Seht euch vor! Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht; und wenn er sich ändert, vergib ihm. Und wenn er sich siebenmal am Tag gegen dich versündigt und siebenmal wieder zu dir kommt und sagt: Ich will mich ändern!, so sollst du ihm vergeben. Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben! Der Herr erwiderte: Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Einführendes Gebet:   Mein Herr, ich liebe dich, weil du die Liebe selbst bist. Vergib alles in mir, das nicht von deiner Liebe kommt und das deine Liebe nicht ausstrahlt. Ich kann nur so werden, wie du mich haben willst, wenn ich dir erlaube, in mir zu handeln.

Bitte:  Herr Jesus, hilf mir zu vergeben, wie du mir vergeben hast.

1. Ein Anlass zur Sünde. Die Heilige Schrift spricht häufig und unverblümt über den Lohn der Sünde. Wir können versucht sein, Sünde im Sinne bloßen Rechtsverstoßes zu sehen, „wenn du das tust, wird das diese Konsequenzen haben”. Zweifellos hat die Sünde Konsequenzen ‐ und zwar katastrophale. Aber unser Herr öffnet unsere Augen für etwas Höheres als gebrochene Gesetze, für etwas, das weit über legalistische Erfüllung oder Unterlassung von Vorschriften hinausgeht. Christus lenkt unsere Aufmerksamkeit auf etwas, was wir häufig nicht bedenken: die ungeahnten und häufig unbewussten Wirkungen, die unsere Worte und Handlungen auf andere haben. Christus sagt, dass Menschen eher als Orte oder Gegenstände Anlass zur Sünde sein können. Seine Worte fordern uns auf, das Gewicht des gesprochenen Wortes und die anhaltenden Nachwirkungen unserer Handlungen zu bedenken. Unsere Sünden können eine sich allmählich ausbreitende Wirkung haben und unser schlechtes Vorbild kann bei anderen zum Abfall vom Glauben beitragen.

2. Liebe bereinigt Fehler und vergibt. Kardinal Meisner aus Köln beklagte sich vor einigen Jahren, dass bekannte Verfechter bequemer Spiritualität Gott in einen „all-barmherzigen Gartenzwerg” verwandelt haben. Gott ist sicherlich ganz und gar barmherzig, aber in der Betonung seiner Barmherzigkeit haben viele seine Erhabenheit vergessen. Wenn wir „vollkommen sein sollen wie es auch unser himmlischer Vater ist” (Mt 5, 48), dann kann mit Vollkommenheit nicht nur geistige oder körperliche Volkommenheit gemeint sein ‐ oder etwas anderes Menschliches von Bedeutung. Die Vollkommenheit, die wir anstreben sollen, ist Gottes Vollkommenheit, der Sieg seiner Nächstenliebe in uns. Um dies zu erlangen, müssen wir uns vollständig verändern und viel vergeben. Aber das ist notwendig. Wenn seine Nächstenliebe schließlich in uns siegt, können wir geben von dem, was wir erhalten haben; wenn wir erst einmal Gottes Vergebung empfangen und die Veränderung, die er von uns erwartet, vollzogen haben, können wir heiligmäßig lieben und vergeben. Das ist Vollkommenheit. Das geschieht nicht durch unsere eigene Kraft, sondern ist Gottes Werk ‐ herbeigeführt allein mit unserer Einwilligung. Nur in einem solchen Zustand können wir wahrhaft Gottes Erhabenheit schätzen sowie seine Liebe und Barmherzigkeit mit angemessener Ehrfurcht erfahren.

3. Liebe kennt keine Grenzen. Als unser Herr uns lehrte, um Vergebung zu bitten, stellte er klar, dass wir auch Vergebung gewähren müssen, wenn uns vergeben werden soll: „Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben” (Mt 6,15). Um unserer Erlösung willen ermahnt uns Christus, unbegrenzt zu vergeben („sieben mal siebzig”). Ja, wir alle haben schon Vergebung erfahren und waren uns dabei unseres Unrechts bewusst. Die verwundeten Hände und Füße sowie die durchbohrte Seite unseres Herrn beweisen, dass er sich an unsere Schuld erinnert. Bedeutet dies, dass wir und vielleicht auch er nicht angemessen vergeben haben? Nicht notwendigerweise. Wir können immer noch die Wunden vergangener Verletzungen tragen ‐ die Erinnerung an sie kann von Zeit zu Zeit wieder hochkommen. Aber solche Erinnerungen geben uns die Gelegenheit, einmal mehr Barmherzigkeit zu üben ‐ sieben mal siebzig. Im Ergebnis wandeln sich solche Erinnerungen, die Anlass zur Sünde für uns gewesen sein konnten, in Gelegenheiten zu heroischer Tugend, zu vollkommener Liebe und dazu, vollkommen zu werden, wie unser himmlischer Vater vollkommen ist.

Gespräch mit Christus:  Herr, ich weiss, dass ich dich mehr als sieben mal siebzig Mal verletzt habe und dass deine Barmherzigkeit keine Grenzen kennt. Ich kann dir nicht genug für deine Güte danken. Da ich das Ziel deiner göttlichen Liebe gewesen bin, bin ich auch fähig, sie widerzuspiegeln. Heute werden sich viele Gelegenheiten bieten, dich in mir leben und lieben zu lassen. Hilf mir, heute für deine Gnade empfänglich und für andere dein Werkzeug der Gnade zu sein.

Vorsatz:   Ich werde heute mein Gewissen erforschen und prüfen, ob es jemanden gibt, dem ich noch nicht vergeben habe. Wenn es jemanden gibt, werde ich dieser Person mit Gottes Hilfe vergeben.

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