Tägliche Meditationen
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Sonntag,
24. Oktober 2021

Das Wunder des Glaubens

Dreißigster Sonntag im Jahreskreis
Hl. Antonius Maria Claret, Bischof, Ordensgründer

Dr. Christoph Kunkel

Mk 10,46b-52
In jener Zeit, als Jesus mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jericho verließ, saß am Weg ein blinder Bettler, Bartimäus, der Sohn des Timäus. Sobald er hörte, dass es Jesus von Nazaret war, rief er laut: Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir! Viele befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her! Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich. Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu. Und Jesus fragte ihn: Was willst du, dass ich dir tue? Der Blinde antwortete: Rabbuni, ich möchte sehen können. Da sagte Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dich gerettet. Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen, und er folgte Jesus auf seinem Weg.

Einführendes Gebet: Dir soll jetzt ein Blick in Jesu Augen genügen oder dass du einmal seinen Namen – "Jesus" – langsam aussprichst, mit Herz und Seele. Die Heiligen haben es oft genug so getan und tief erlebt – und auch du selbst. Deshalb bitte ihn auch heute und für diesen Tag um diese Gnade: verstohlenen einen Blick auf sein Antlitz zu werfen und den Klang seiner Stimme zu vernehmen.

Bitte: O Herr, lass mich doch an dein wundersames Eingreifen in das Geschehen dieser Welt und seiner Geschöpfe glauben.

1. Bartimäus vertraut zutiefst. Er schreit störend laut: Der Blinde weiß nämlich nicht, wo sich Jesus gerade befindet. Bartimäus hat schon viel von Jesus gehört. So viel, dass er seine allerstärkste Hoffnung in ihn setzt. Wie immer gibt es bei den Jesus-Berichten ein Aber, das den guten Ausgang verhindern könnte. Bartimäus nennt Jesus zwar korrekt "Sohn Davids", aber für die Leute ist er ein lästiger Störer. Sie herrschen ihn an, er solle doch schweigen und die großartige, spannende Bewegung nicht egoistisch stören, er, der Behinderte am Wegrand. Doch Jesus hört die existentielle Not des Schreienden, "Was willst du, dass ich dir tue?", fragt er zurückhaltend und heilt diesen inbrünstig Wünschenden, weil er dessen tiefstes Vertrauen verspürt.

2. "Dein Glaube hat dich gerettet." Der naturwissenschaftliche Verstand sieht in solcher Suggestiv-Heilung des hypnotischen Supertherapeuten Jesus allenfalls die Befreiung von einer hysterischen Sehminderung. Natürlich greift solch ein Statement selbst für Ungläubige zu kurz, aber Wunder gibt es nun mal nicht (so die vorab gefällte Entscheidung). Indes: Bartimäus‘ Heilungsbegehren ist zutiefst existentiell, er geht ohne Mantel, was sein Haus und seine Habe ist, auf Jesus zu. In seinem Schreien äußert sich der tiefe Glaube Israels aller Zeiten, auf den Gott unmittelbar in Jesus antwortet, wie schon ungezählte Male vorher in den Tagen der Propheten. Gottes Sprechen: "Geh! Dein Glaube hat dich gerettet", wirkt wie herausgeschnitten aus Abrahams Zeit: Sein Glaube wurde als Gerechtigkeit angenommen. Und so auch jetzt.

3. Wunder sind immer Gottes Werk, menschlich schwer zu fassen. Wir tun uns oft schwer mit den Wundern Jesu. Entweder – so bringen wir vor – werden sie bei den Evangelisten "nicht einheitlich" wiedergegeben: "schwammig-widersprüchlich". Und im Übrigen werden sie wohl "am ehesten symbolisch gemeint sein", geistlich stärkende Glaubensparabeln eben. Bestenfalls ist Jesus einer dieser spirituellen Heiler, die stark suggestiv handeln. Und dann wird das Ganze in der Überlieferung auch noch überzeichnet, um die frühe Gemeinde zu stärken und zu begeistern. Aber nein! Die ganze Bibel wäre dann wertlos, wenn man nicht den roten Faden in den realen Begebenheiten erblicken könnte. Gott wirkt in sein erwähltes Volk hinein. Er schickt schließlich Israel den lang ersehnten Messias und verändert geheimnisvoll die althergebrachten, genau vorgeschriebenen Opfergaben der Gläubigen zum letztgültigen Opfer Gottes vor sich selbst: Gott in seinem Sohn vor seinem Vater: Aus Mitleid und Liebe für uns Menschengeschöpfe, die er so sehr liebt, dass er uns vor sich, dem vollkommenen Gott bestehen lassen möchte durch die Opfergabe in seinem Sohn.

Gespräch mit Christus: Herr, noch ehe ich mir je die Frage gestellt hatte, warum ich eigentlich glaube, bestand schon meine Beziehung zu dir. Erlebnisse aus frühester Kindheit gibt es da von deiner unmittelbaren Gegenwart und Nähe. Sie warfen mich immer allein auf dich zurück. Lass mich heute im Dunkeln und Verborgenen glauben und dich dereinst im hellen Lichte sehen!

Vorsatz: Forschen möchte ich nach den Wundern Gottes in meiner kleinen Welt und an sie glauben.

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