Montag, 29. Juli 2013

In Krankheit und Leiden – der Herr richtet auf

Das Sakrament der Krankensalbung

Gerade lese ich in der Zeitung, dass ein ehemals bekannter deutscher Fußballspieler in der Schweiz assistierten Selbstmord begangen hat. Das scheint nicht so selten zu sein, wie ich dachte. Denn auch bei der Hochzeit meiner Cousine in der Nähe von Zürich klagte mir der Pfarrer vom Ort sein Leid: „Beten Sie. Ich muss jetzt eines meiner Pfarrmitglieder besuchen. Ein älterer Herr, er hat vor, sich demnächst das Leben zu nehmen. Er will im Alter seiner Familie nicht zur Last fallen.“ Das hat mich ziemlich schockiert. Fällt es uns wirklich so schwer, mit Leid, schwerer Krankheit und dem Sterben umzugehen?

Leiden und Krankheit belasten uns besonders. Sie entsprechen den Anforderungen unserer Gesellschaft so gar nicht. Heute muss man scheinbar fit sein, gut drauf, gut aussehen. Freizeit und das Leben allgemein sollten sich das Attribut „chillig“ verdienen und Spaß machen. Kein Wunder, dass jemand, der krank oder alt ist, irgendwie das Gefühl bekommt, nicht mehr dazu zu gehören, zur Last zu fallen. Wie gut tut es dann, wenn ein Ehepartner oder eine Familie da sind, die Verständnis haben und den Kranken begleiten. Christus hat unsere Krankheiten getragen. Er weiß, was es bedeutet zu leiden, ja sogar zu sterben. Gott ist als Mensch den Weg vom Leben in den Tod selber gegangen, und wurde von den Toden auferweckt. Er möchte uns darin begleiten und nicht alleine lassen. Für seine Begleitung, Stärkung und sein „Mit-Leiden“ hat er ein Sakrament eingesetzt und es der Kirche anvertraut: die „Krankensalbung“.

Früher nannte man dieses Sakrament auch „letzte Ölung“. Daher scheuen nicht wenige Menschen heute davor zurück, den Pfarrer zu rufen, wenn jemand in der Familie ernstlich krank ist. „Letzte Ölung“ hat irgendwas mit Sterben zu tun. Und das will man ja nicht. Man will dem kranken oder alten Menschen nun wirklich keine Angst einjagen. Nicht nur deshalb hat das 2. Vatikanische Konzil in der Liturgiereform diesem Sakrament einen „neuen Namen“ gegeben: Krankensalbung.

Ist es nicht wunderbar zu denken, dass Gott für diese schweren Zeiten unseres Lebens ein eigenes Sakrament erfunden hat? Er weiß sehr gut um die Einsamkeit, Last, Hoffnungslosigkeit, Müdigkeit dessen, der (durchaus auch schon in jungen Jahren) durch eine schwere Krankheit an der Schwelle zum Hinübergang ins andere Leben steht. Auch wenn man sehr gläubig ist, stirbt es sich nicht so leicht.

Mich beeindruckt folgende Geschichte: Ein kleiner Junge saß still bei seinem Opa am Sterbebett. Opa war noch bei Bewusstsein, aber schon ziemlich schwach. Ihm war klar, dass er nicht mehr lange auf dieser Welt sein würde. Da fragte der Kleine in die Stille hinein: „Opa, hast Du eigentlich Angst vorm Sterben“, und blickte ihn schüchtern an. Der alte Mann neigte den Kopf ein wenig zu seinem Enkel hin und sagte ruhig: „Angst? Angst habe ich keine. Aber ein bisschen Lampenfieber schon.“

Schon als Jesus über diese Welt ging, war er besonders für die Kranken da. Er heilte sie oder sprach ihnen Trost und Mut zu. Noch zu Lebzeiten sandte er seine Apostel aus, es ihm gleich zu tun. Er beauftragte sie: „Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt Kranke…“ (Mt 10,8) und „wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt.

Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt den Leuten: Das Reich Gottes ist euch nahe.“ (Lk 10,8-9). Markus beschreibt uns, wie die Apostel mit diesem Auftrag umgingen: „Die Zwölf machten sich auf den Weg und riefen die Menschen zur Umkehr auf. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie“ (Mk 6,12). In seiner Passion trug Jesus selber das volle Leid und den Schmerz, ja sogar den Tod, im eigenen Leib. Gottes Sohn leidet und stirbt. Staunenswert.

Jakobus, einer der Zwölf, erklärt später in seinem Brief, wie die Krankensalbung schon in der frühen Gemeinde vor sich ging: „Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Das gläubige Gebet wird den Kranken retten und der Herr wird ihn aufrichten; wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben.“ (Jak 5,14-15).

Wie empfängt man die Krankensalbung heute? Dieses Sakrament wird gespendet, wenn das Sterben als Möglichkeit im Leben eines Menschen (egal ob jung oder alt) auftaucht. Das ist z.B. gegeben durch die Verschlimmerung einer Krankheit oder aufgrund des Alters, oder vor einer schweren Operation, deren Ausgang ungewiss ist.

Der Priester spendet das Sakrament. Ist es möglich, geht der eigentlichen Salbung des Kranken die Beichte voraus. Denn Christus lehrt uns, dass das größte Übel des Menschen die Krankheit der Seele – die Sünde – ist. Der Kern-Ritus der Krankensalbung besteht aus einem Gebet und der Salbung von Stirn und Händen, gegebenenfalls anderen Körperteilen mit dem Öl für die Krankensalbung (dieses weiht der Bischof am Gründonnerstag für die ganze Diözese). Bei der Salbung der Stirn spricht der Priester: „Durch diese heilige Salbung helfe Dir der Herr in seinem reichen Erbarmen, er stehe Dir bei mit der Kraft des Heiligen Geistes.“ Bei der Salbung der Hände: „Der Herr, der Dich von Sünden befreit, rette Dich, in seiner Gnade richte er Dich auf.“ Dann kann der Gläubige auch die heilige Kommunion empfangen.

Die Wirkungen, die das Sakrament der Krankensalbung entfaltet, sind beeindruckend. Priester haben mir aus eigener Erfahrung bestätigt, dass die Krankensalbung immer wieder auch die Heilung des Kranken bewirkt. Vor allem jedoch gibt sie dem Menschen innere Kraft und Zuversicht unter der Last des Leidens oder/und im Angesicht des Todes. Das Konzil von Trient beschreibt die Wirkungen folgendermaßen:

- die Gnade des Hl. Geistes wird erfleht,

- die Sünden werden getilgt,

- die Seele des/der Kranken wird aufgerichtet und gestärkt,

- sein Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit wird geweckt, so dass er die Lasten und Schmerzen der Krankheit besser erträgt,

- und manchmal, wenn es das Heil der Seele fördert, erlangt der Empfänger auch die körperliche Genesung.

Der Katechismus der Katholischen Kirche beschreibt, wann die Krankensalbung empfangen werden darf: Die Krankensalbung „ist nicht nur das Sakrament derer, die sich in äußerster Lebensgefahr befinden. Daher ist der rechte Augenblick für ihren Empfang sicher schon gegeben, wenn der Gläubige beginnt, wegen Krankheit oder Altersschwäche in Lebensgefahr zu geraten“ (KKK 1514).

Hier wäre ein ausführliches Wort zum Glauben an das ewige Leben nötig. Der Tod ist für uns Gläubige nicht das Ende. Er ist der Moment des Hinübergangs in die Ewigkeit. Ich frage oft Menschen, wie sie sich den Himmel denn so vorstellen. Und es erschreckt mich, dass die meisten gar keine Vorstellung davon haben; und wenn, dann sind sie oft recht langweilig. Dabei ist der Himmel das Wunderbarste, was wir uns nur vorstellen können.

Unser Leben auf dieser Welt ist nicht alles. Es gibt ein Leben nach dem Tod. Und dieses Leben wird die Erfüllung all dessen sein, was wir tief im Herzen ersehnen. Deshalb sollen wir keine Angst vor dem Sterben haben. Lampenfieber ja, aber Angst? Zumindest nicht im Hinblick auf das, was kommen wird. Denn auf der anderen Seite erwarten uns ja die liebenden Arme eines gütigen Vaters. So gütig ist er, dass er sogar auf unsere Seite gekommen ist, um uns von hier abzuholen, auch durch das Sakrament der Krankensalbung.

„Die ‚letzte Ölung‘, die auch – und zwar besser – ‚Krankensalbung‘ genannt werden kann, ist nicht nur das Sakrament derer, die sich in äußerster Lebensgefahr befinden. Daher ist der rechte Augenblick für ihren Empfang sicher schon gegeben, wenn der Gläubige beginnt, wegen Krankheit oder Altersschwäche in Lebensgefahr zu geraten (...) Die Zahl der Salbungen soll den Umständen angepasst werden; die Gebete, die zum Ritus der Krankensalbung gehören, sollen so revidiert werden, dass sie den verschiedenen Verhältnissen der das Sakrament empfangenden Kranken gerecht werden.“ (Sacrosanctum Concilium 73/75)

SAKRAMENT DER KRANKENSALBUNG (Cann. 998 – 1007) Can. 998 — Durch die Krankensalbung empfiehlt die Kirche gefährlich erkrankte Gläubige dem leidenden und verherrlichten Herrn an, damit er sie aufrichte und rette; sie wird gespendet, indem die Kranken mit Öl gesalbt und die in den liturgischen Büchern vorgeschriebenen Worte gesprochen werden. Can. 1004 — § 1. Die Krankensalbung kann dem Gläubigen gespendet werden, der nach Erlangung des Vernunftgebrauchs aufgrund von Krankheit oder Altersschwäche in Gefahr gerät.

 § 2. Dieses Sakrament kann wiederholt werden, wenn der Kranke nach seiner Genesung neuerdings schwer erkrankt oder wenn bei Fortdauer derselben Krankheit die Gefahr bedrohlicher geworden ist.

 


Dies ist das einundzwanzisgte Kapitel aus dem Buch "Einmal Gott und zurück" von P. Klaus Einsle. Dieses Buch basiert auf einer Serie von Artikeln in unserem L-Magazin.

Additional Info

  • Untertitel:

    Das Sakrament der Krankensalbung

  • Datum: Nein
  • Druck / PDF: Ja

Unterthemen

    

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