Freitag, 26. Juli 2013

Die Zeitenwende der Geschichte

Menschwerdung Gottes als Jesus Christus

Zu Beginn des Buches über den Glauben sprachen wir in groben Zügen über die dreifaltige Dimension Gottes: ein unendliches, allwissendes, allem vorangehendes rein geistiges Wesen, das in seiner tiefsten Eigenschaft Liebe ist, welches aber nicht einsam, sondern dreifaltig ist. Drei Personen – Vater, Sohn, Heiliger Geist – in völliger Identität, aber doch verschieden. Ein Gott in drei Personen, alle drei sind der wahre und einzige Gott.

Wer aber ist dieser Jesus Christus, der die Weltgeschichte und die Zeitrechnung in zwei Teile teilt: die vor und die nach ihm? Der neun Monate im Schoß Marias gewachsen ist und dann in der rauen Krippe in einem Stall als hilfloses Baby liegt? Der an einem Kreuz leidend stirbt, im Grab liegt, nach drei Tagen Totsein wieder lebendig wird? In der rechten Antwort finden wir das Kernelement des Christentums, das gleichzeitig der grundlegende Unterschied zu allen anderen Religionen ist. Christus ist nicht einfach ein erwählter Mensch, den Gott auf besondere Weise begnadet hat. Er ist nicht einfach ein Religionsstifter, in dem der Geist Gottes wirkt. Christus ist absolut einzigartig; ganz und gar anders als alle anderen vor und nach ihm. Christus ist nicht einfach ein Mensch, sondern er ist ein „Gott-Mensch“!

Gott selber – genauerhin die zweite unendliche, allmächtige und allwissende reine Geistperson, auch „Wort Gottes“ oder „Logos“ genannt – dieser Gott in Person tritt in die Weltgeschichte ein und nimmt ein menschliches Wesen an! Das ist die tiefste Wahrheit unseres Glaubens. Gott selber wird Mensch, einer von uns. Dieser Mensch, dieser Gott, dieser Gottmensch, das ist Jesus Christus. Staunen, Schweigen, Bewunderung sollten unsere Seele aufgrund dieser Wahrheit erfassen. Solange wir nicht begriffen haben, was das bedeutet: „und das Wort ist Fleisch geworden“ (mit anderen Worten: die 2. Person der Dreifaltigkeit ist Mensch geworden), solange können wir den katholischen Glauben nicht verstehen.

Die Unendlichkeit Gottes tritt ein in die Begrenztheit unserer Welt. Der Allwissende und Allmächtige schreitet als Mensch durch diese Welt, lebt mit seinen Menschenkindern in vertrauter Zweisamkeit. Der geisthafte Urquell und die Wurzel jeder Liebe wird einer von uns, damit wir die Liebe Gottes zu uns fühlen, sehen, erfahren, hören können. Christus ist ein Geheimnis. Ich sage es noch einmal: Er ist nicht einfach ein Prophet. Er ist nicht einfach der Beste aller Menschen. Er ist nicht einfach ein Vorbild. Er ist nicht einfach ein Religionsstifter. CHRISTUS IST GOTT! GOTT, DER EIN MENSCH GEWORDEN IST! An dieser Wahrheit entscheidet sich, ob wir das Christentum mit seinem Anspruch, die Kirche in ihrem Wesen, die Priester, die Sakramente, das Heil, die Liebe Gottes begreifen; oder ob uns diese ganze wunderbare Welt einfach verborgen bleibt und wir weiterhin im Halbdunkel durch dieses Leben gehen!

Die Heilige Schrift ist eindeutig. Sie lässt keinen Raum für andere Deutungen, für Zweifel: Jesus Christus ist Gott selber! Betrachten wir einige Schriftstellen: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott... Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,1;14): „Das Wort“ (auf griechisch „Logos“ („Wort“ oder auch „Vernunft“) ist eine andere Bezeichnung für die zweite göttliche Person der Dreifaltigkeit. Diese Person war von aller Zeit her bei Gott, ja war selber Gott. Und diese Person ist nun Fleisch, das heißt ein wirklicher Mensch aus Fleisch und Blut geworden: Jesus von Nazareth.

Die Entstehung des Menschen Jesus geht auf ein direktes Einwirken Gottes zurück: Maria fragt den Engel, wie sie Mutter des Kindes werden soll, das ihr verheißen wird. Der Bote Gottes antwortet darauf, dass der Heilige Geist (also die dritte göttliche Person) das bewirken wird: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden (Lk 1,35).

Christus verheimlicht die Wahrheit über sein göttliches Wesen nicht. Nein, er spricht sie so direkt aus, dass die Juden ihn als Gotteslästerer bezeichnen und ihn töten wollen („Darum waren die Juden noch mehr darauf aus, ihn zu töten, weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern auch Gott seinen Vater nannte und sich damit Gott gleichstellte.“ Joh 5,17). Die ganze folgende Passage zeigt deutlich, dass Jesus und der Vater eine absolut einzigartige Beziehung zueinander haben. Alle Aussagen von Joh 5,17-47 werden verständlich, wenn wir sie vor dem Hintergrund lesen, dass Christus die inkarnierte (fleischgewordene) zweite Person des dreifaltigen Gottes ist. Sehr oft wird Jesus in der Bibel als „Sohn Gottes“ bezeichnet. Das darf aber nicht in dem Sinn verstanden werden, wie auch wir Menschen „Söhne Gottes“ sind. Wir sind Söhne im Sohn. Er aber ist der wahre Sohn Gottes, also eben diese unendliche ohne Anfang seiende 2. Person der Dreifaltigkeit, die auch „Sohn“ genannt wird (Vater, Sohn und Heiliger Geist): „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“ (Joh 3,16).

Die Tatsache, dass Christus Gott ist, erklärt auch seine Fähigkeit, echte Wunder zu bewirken: Er heilt mit seiner eigenen Kraft Kranke, er erweckt sogar drei bereits Gestorbene wieder zum Leben (man beachte, dass er dabei nicht Gott um Hilfe bittet, sondern aus seiner eigenen – göttlichen – Macht heraus diese Wunder vollbringt). Er befiehlt den unreinen Geistern und sie müssen gehorchen. Auch sie erkennen in Christus ihren Herrn, dem sie gehorchen müssen. Wir verstehen also: Christus Jesus ist nicht jemand, der so einfach fassbar ist. Er birgt ein göttliches Geheimnis in sich. Er ist mehr als ein Mensch. Er ist Gott und Mensch zugleich, in einer Person vereint.

Wir haben uns ein wenig mit dem Wesen Jesu auseinandergesetzt. Im nächsten Kapitel wollen wir uns Gedanken über sein Tun und sein Werk machen. Das erhält vor dem Hintergrund seines Gott-Seins eine ganz neue, nicht überschätzbare Bedeutung.

Einige Zitate der Schrift, der Kirchenväter, des Katechismus.

Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott... Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.
Joh 1,1; 14

O einzig-geborener Sohn und Wort Gottes, obwohl unsterblich, hast du dich um unseres Heiles willen gewürdigt, Fleisch anzunehmen von der heiligen Gottesmutter und allzeit jungfräulichen Maria. Du bist ohne Veränderung Mensch geworden... o Christus, Gott... du bist einer der heiligen Dreifaltigkeit, mit dem Vater und dem Heiligen Geist verherrlicht; rette uns!
Aus der Liturgie der Ostkirche

Er [der Logos] ist wahrhaft Mensch geworden und dabei doch wahrhaft Gott geblieben. Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch.
Katechismus der katholischen Kirche Nr. 464

[Wir glauben] an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes ein(zig)geborenen Sohn. Aus dem Vater geboren vor aller Zeit. Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott... eines Wesens mit dem Vater.
Großes Glaubensbekenntnis


Dies ist das siebente Kapitel aus dem Buch "Einmal Gott und zurück" von P. Klaus Einsle. Dieses Buch basiert auf einer Serie von Artikeln in unserem L-Magazin.

Additional Info

  • Untertitel:

    Menschwerdung Gottes als Jesus Christus

  • Datum: Nein
  • Druck / PDF: Ja

Unterthemen

    

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