Donnerstag, 1. März 2007

3. Frage: Karrierismus in der Kirche

Dimov Koicio: Diözese Nicopoli ad Istrum (Bulgarien), 4. Studienjahr (2. Jahr Theologie)

3. Heiliger Vater, in einer Betrachtung beim Kreuzweg im Jahr 2005 sprachen Sie vom Schmutz, den es in der Kirche gibt, und in der Predigt bei der Priesterweihe von Diakonen der Diözese Rom im vergangenen Jahr haben Sie uns gewarnt vor der Gefahr »des Karrierismus, des Versuchs, nach oben zu kommen, sich durch die Kirche eine Stellung zu verschaffen«. Wie können wir uns angesichts dieser Problematik objektiver und möglichst verantwortungsvoll verhalten?

Benedikt XVI.: Das ist keine leichte Frage, doch ich habe, wie mir scheint, schon gesagt und das ist ein wichtiger Punkt : Der Herr weiß, ja wußte von Anfang an, daß es in der Kirche auch die Sünde gibt; und für unsere Demut ist es wichtig, dies zu erkennen und die Sünde nicht nur in den anderen, in den Strukturen, in den Inhabern hoher hierarchischer Ämter zu sehen, sondern auch in uns selbst, um so demütiger zu werden und zu lernen, daß vor dem Herrn nicht die kirchliche Stellung zählt, sondern daß wir in seiner Liebe bleiben und seine Liebe leuchten lassen. Für sehr bedeutsam in bezug auf diesen Punkt halte ich persönlich das Gebet des hl. Ignatius: »Suscipe, Domine, universam meam libertatem; accipe memoriam, intellectum atque voluntatem omnem; quidquid habeo vel possideo mihi largitus es; id tibi totum restituo ac tuae prorsus voluntati trado gubernandum; amorem tuum cum gratia tua mihi dones et dives sum satis, nec aliud quidquam ultra posco« [»Nimm an, Herr, meine gesamte Freiheit, nimm an all mein Gedächtnis, meinen Verstand und meinen Willen. Was immer ich habe und was ich besitze, du hast es mir geschenkt. Ich erstatte es dir ganz zurück und überlasse es einfach deinem Willen zur Leitung. Schenke mir allein die Liebe zu dir zusammen mit deiner Gnade, und ich bin reich genug und fordere nichts anderes darüber hinaus.«] Gerade dieser letzte Teil scheint mir von großer Bedeutung zu sein: Begreifen, daß der wahre Schatz unseres Lebens darin besteht, in der Liebe des Herrn zu stehen und diese Liebe niemals zu verlieren. Dann sind wir wirklich reich. Ein Mensch, der eine große Liebe gefunden hat, fühlt sich wirklich reich und weiß, daß das die wahre Perle ist, daß das der Schatz seines Lebens ist und nicht all die übrigen Dinge, die er vielleicht besitzt.

Wir haben sie gefunden, ja wir sind von der Liebe des Herrn gefunden worden, und je mehr wir uns im sakramentalen Leben, im Gebetsleben, im Arbeitsleben, in der Freizeit von dieser seiner Liebe berühren lassen, um so mehr können wir begreifen, daß, sobald ich die wahre Perle gefunden habe, alles übrige nicht zählt, alles übrige nur in dem Maße von Bedeutung ist, in dem die Liebe des Herrn mir diese Dinge zuerkennt. Ich bin reich, ich bin wirklich reich und oben, wenn ich in dieser Liebe bleibe. Hier finden wir das Zentrum des Lebens, den Reichtum. Dann lassen wir uns führen, überlassen der Vorsehung die Entscheidung, was sie mit uns tun wird.

Hier fällt mir eine kleine Geschichte von der hl. Bakhita ein, dieser wunderbaren afrikanischen Heiligen, die Sklavin im Sudan war, dann in Italien zum Glauben gefunden hat und Ordensfrau geworden ist; als sie schon alt war, besuchte der Bischof ihr Kloster, ihr Ordenshaus; er kannte sie nicht; er sah diese kleine, schon gebeugte afrikanische Schwester und sagte zu ihr: »Aber was tun Sie, Schwester?« Bakhita antwortete: »Ich tue dasselbe wie Sie, Exzellenz.« Der Bischof fragte erstaunt: »Aber was?«, und Bakhita darauf: »Exzellenz, wir wollen doch beide dasselbe tun, nämlich den Willen Gottes ausführen.«

Das scheint mir eine sehr schöne Antwort zu sein: Der Bischof und die kleine Schwester, die fast nicht mehr arbeiten konnte, machten in verschiedenen Positionen dasselbe, sie versuchten, den Willen Gottes zu tun, und so waren sie beide auf dem richtigen Platz.

Mir kommt auch ein Wort des hl. Augustinus in den Sinn, das besagt: Wir sind alle immer nur Schüler Christi, und sein Lehrstuhl steht höher oben, denn dieser Lehrstuhl ist das Kreuz, und nur diese Höhe ist die wahre Höhe, die Gemeinschaft mit dem Herrn auch in seinem Leiden. Wenn wir das in einem Leben des Gebets, in einem Leben der Hingabe für den Dienst am Herrn zu begreifen beginnen, können wir uns, so will mir scheinen, von diesen sehr menschlichen Versuchungen befreien.

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  • Untertitel:

    Dimov Koicio: Diözese Nicopoli ad Istrum (Bulgarien), 4. Studienjahr (2. Jahr Theologie)

  • Datum: Nein
  • Druck / PDF: Ja

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