Montag, 25. Juli 2005

Jugenderziehung, katholische Schulen, geweihtes Leben

An dieser Stelle haben einige Priester das Wort ergriffen. Auf die Fragen bezüglich der Jugenderziehung, der Rolle der katholischen Schule und des geweihten Lebens antwortete der Papst wie folgt:

Es sind sehr konkrete Fragen, auf die man nicht leicht ebenso konkrete Antworten geben kann.

Ich möchte vor allem danken, daß unsere Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit gelenkt wurde, die Jugendlichen zur Kirche hinzuführen; sie fühlen sich leicht von anderen Dingen angezogen, von einem Lebensstil, der ziemlich weit weg von unseren Überzeugungen ist. Die frühe Kirche wählte den Weg der Gemeinschaften des alternativen Lebens, ohne notwendige Brüche. Ich würde sagen, daß es wichtig ist, daß die Jugendlichen die Schönheit des Glaubens entdecken, und daß es schön ist, eine Orientierung zu haben, daß es schön ist, einen Gott zum Freund zu haben, der uns wirklich die wesentlichen Dinge des Lebens sagen kann.

Dieser geistige Faktor muß dann von einem affektiven und sozialen Faktor begleitet werden, das heißt von einer Sozialisierung im Glauben. Denn der Glaube kann sich nur verwirklichen, wenn er auch einen Leib hat, und das bezieht den Menschen in seinen Lebensvollzügen mit ein. Früher, als der Glaube für das Gemeinschaftsleben entscheidend war, mag es genügt haben, den Katechismus zu lehren, der auch heute wichtig ist.

Aber weil sich das soziale Leben vom Glauben entfernt hat, müssen wir im Hinblick darauf, daß auch die Familien oft keine Sozialisierung des Glaubens anbieten Methoden für eine Sozialisierung des Glaubens vorschlagen, damit der Glaube Gemeinschaft, Orte des Lebens bildet und durch eine Verbundenheit im Denken, Fühlen und in der Freundschaft überzeugt.

Ich meine, daß diese Ebenen zusammengehen müssen, denn der Mensch hat einen Körper, er ist ein soziales Wesen. In diesem Sinn ist es zum Beispiel schön, hier so viele Pfarrer zu sehen, die mit Jugendgruppen die Ferien verbringen. Auf diese Weise teilen die Jugendlichen die Freude über die Ferien und leben sie mit Gott und mit der Kirche in der Person des Pfarrers oder des Kaplans. Mir scheint, daß die Kirche von heute, auch in Italien, Alternativen und Möglichkeiten für eine Sozialisierung anbietet, wo die Jugendlichen gemeinsam mit Christus auf dem Weg sein und Kirche bilden können. Und deshalb müssen sie von intelligenten Antworten auf die Fragen unserer Zeit begleitet werden: Brauchen wir Gott noch? Ist es noch vernünftig, an Gott zu glauben? Ist Christus nur eine Figur der Religionsgeschichte, oder ist er wirklich das Antlitz Gottes, das wir alle brauchen? Können wir gut leben, ohne Christus zu kennen?

Man muß einsehen, daß, wenn man das Leben, die Zukunft aufbauen will, es auch Geduld und Leiden erfordert. Auch im Leben der Jugendlichen wird das Kreuz nicht fehlen, aber es ist nicht leicht, das verständlich zu machen. Der Bergsteiger weiß, daß er, wenn er einen schönen Aufstieg machen will, Opfer bringen und trainieren muß. So muß auch der junge Mensch erkennen, daß für den Aufstieg in das Leben, in die Zukunft das Einüben in ein inneres Leben notwendig ist.

Personalisierung und Sozialisierung sind also die beiden Wegweiser, die die konkreten Situationen der Herausforderungen von heute durchdringen müssen: die Herausforderungen der Liebe und der Gemeinschaft. Denn diese beiden Dimensionen erlauben es, sich der Zukunft zu öffnen und auch zu lehren, daß, wenn es manchmal schwierig ist, an Gott zu glauben, es dennoch meinem Wohl in der Zukunft dient.

Im Bezug auf die katholische Schule kann ich sagen, daß viele Bischöfe bei ihrem »Ad-limina«- Besuch mehrmals deren große Bedeutung unterstrichen haben. Die katholische Schule, zum Beispiel in Afrika, wird ein unerläßliches Mittel für die kulturelle Förderung, für die ersten Schritte der Alphabetisierung und für eine Erhöhung der kulturellen Ebene, auf der sich eine neue Kultur herausbildet. Dank dieser ist es möglich, auch den Anforderungen der Technik zu begegnen, die an eine nicht technisch orientierte Kultur gestellt werden, indem sie althergebrachte Formen des Stammeslebens mit ihren moralischen Inhalten zerstören.

Bei uns ist die Situation anders, aber was mir hier wichtig zu sein scheint, ist die Gesamtheit einer geistigen Bildung, die klar zu verstehen gibt, daß auch heute das Christentum nicht von der Wirklichkeit zu trennen ist.

Im ersten Teil sagten wir, daß auf den Spuren der Aufklärung und der »zweiten Aufklärung« von 68 viele dachten, die geschichtliche Ära für die Kirche und den Glauben sei zu Ende und eine neue Ära habe begonnen, in der man diese Dinge wie die klassische Mythologie studieren könne. Hingegen ist es notwendig, verständlich zu machen, daß der Glaube immer aktuell und sehr vernünftig ist. Also eine geistige Bejahung, in der man auch die Schönheit und die organische Struktur des Glaubens erfaßt.

Das war eine der grundlegenden Absichten des Katechismus der Katholischen Kirche, der jetzt in einem Kompendium zusammengefaßt ist. Wir dürfen nicht denken, es sei wie mit einem Paket von Vorschriften, das wir wie einen schweren Rucksack auf dem Rücken während unseres Lebensweges mitschleppen müssen. Am Ende ist der Glaube einfach und reichhaltig: Wir glauben, daß es Gott gibt, daß Gott etwas mit unserer Lebenswirklichkeit zu tun hat. Aber welcher Gott? Ein Gott mit einem Angesicht, einem menschlichen Angesicht, ein Gott, der versöhnt, der den Haß überwindet und die Kraft zum Frieden gibt, den kein anderer geben kann. Man muß verständlich machen, daß das Christentum in Wirklichkeit sehr einfach und folglich sehr reichhaltig ist.

Die Schule ist eine kulturelle Einrichtung zur geistigen und beruflichen Bildung. Es ist also notwendig, die Einheitlichkeit, die Logik des Glaubens verständlich zu machen und damit die Grundbegriffe zu kennen, zu verstehen, was Eucharistie ist, was am Sonntag geschieht oder was die christliche Ehe bedeutet. Man muß auch verständlich machen, daß die religiöse Disziplin keine rein geistige und individualistische Ideologie ist, wie es vielleicht bei anderen Fächern der Fall ist: Ich weiß zum Beispiel, wie ich in Mathematik eine bestimmte Rechenaufgabe lösen muß. Auch andere Fächer haben am Ende eine praktische Ausrichtung, eine Ausrichtung zur Professionalität, zur Anwendung im Leben. So muß man verstehen, daß der Glaube hauptsächlich Gemeinschaft bildet, vereint.

Gerade dieser Wesenskern des Glaubens ist es, der uns von der Isolierung des Ichs befreit und uns zu einer großen Gemeinschaft vereint, einer vollständigen Gemeinschaft in der Pfarrgemeinde, in der sonntäglichen Versammlung und universalen Gemeinschaft, in der ich ein Verwandter aller Menschen in der Welt werde.

Man muß diese katholische Dimension der Gemeinschaft verstehen, die sich jeden Sonntag in der Pfarrei versammelt. Einerseits ist die Kenntnis des Glaubens ein Ziel, anderseits bedeutet in der Kirche sozialisieren oder »ekklesialisieren «, sich in die große Gemeinschaft der Kirche, den Ort des Lebens, einzugliedern, von dem ich weiß, daß ich auch in den kritischen Stunden meines Lebens vor allem im Leiden und im Tod nicht allein bin.

Seine Exzellenz sagte, daß viele Menschen uns scheinbar nicht brauchen, aber die Kranken und die Leidenden ja. Und das sollte man von Anfang an verstehen, daß man im Leben nicht mehr allein ist. Der Glaube rettet uns vor der Einsamkeit. Wir werden immer von einer Gemeinschaft getragen, aber zugleich muß jeder einzelne Träger der Gemeinschaft sein und von Anfang an auch die Verantwortung für die Kranken, die Isolierten, die Leidenden lehren, so daß das, was ich schenke, wieder zurückkommt. Man muß also im Menschen, in dem sich diese Bereitschaft zur Liebe und zum Sichschenken verbirgt, diese große Gabe wecken und so sicherstellen, daß ich auch Brüder und Schwestern haben werde, die mich in solchen schwierigen Situationen stützen, wo ich eine Gemeinschaft brauche, die mich nicht allein läßt.

Hinsichtlich der Bedeutung des Ordenslebens wissen wir, daß das monastische und kontemplative Leben angesichts dieser gestreßten Welt attraktiv ist, weil es wie eine Oase erscheint, in der man wirklich leben kann. Auch hier handelt es sich um eine romantische Vorstellung, so daß es notwendig ist, die Berufungen gut auszuwählen. Die geschichtliche Situation verleiht vor allem dem kontemplativen, nicht so sehr dem aktiven Ordensleben eine gewisse Anziehungskraft.

Das wird im männlichen Zweig besser deutlich, wo man Ordensmänner, auch Priester, antrifft, die im Bildungswesen, bei den Kranken usw. ein wichtiges Apostolat ausüben. Leider wird es bei den weiblichen Berufungen weniger sichtbar, wo die Professionalität scheinbar die Ordensberufung überflüssig macht. Es gibt diplomierte Krankenschwestern, es gibt diplomierte Lehrerinnen, so daß diese Tätigkeiten nicht mehr als Ordensberuf erscheinen, und es wird schwer sein, noch einmal anzufangen, wenn die Kette der Berufungen einmal unterbrochen ist. Liebe zur leidenden Person

Wir erkennen aber immer mehr, daß, um eine gute Krankenschwester zu sein, die Professionalität allein nicht ausreicht. Man braucht das Herz. Man braucht die Liebe zur leidenden Person. Das hat eine tiefe religiöse Dimension. So ist es auch im Lehrberuf. Wir haben jetzt neue Formen wie die Säkularinstitute, deren Gemeinschaften durch ihr Leben zeigen, daß es eine Lebensweise gibt, die gut ist für die Person, aber vor allem notwendig für die Gemeinschaft, für den Glauben und für die menschliche Gemeinschaft. Ich denke also, daß die Kirche, auch wenn sie die Formen ändert ein Großteil unserer aktiven Frauengemeinschaften stammen aus dem 19. Jahrhundert mit den genauen sozialen Aufgaben der damaligen Zeit, und heute sind die Aufgaben verschieden , uns zu verstehen gibt, daß der Dienst an den Leidenden und der Schutz des Lebens Berufungen sind, die eine tiefe religiöse Dimension haben, und daß es Lebensformen für solche Berufungen gibt. Es entwickeln sich neue Lebensformen, so daß zu hoffen ist, daß der Herr auch heute die notwendigen Berufungen für das Leben der Kirche und der Welt gewähren wird.

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