Donnerstag, 22. Februar 2007

"Die Charismen nicht auslöschen... Die Kirche ist eine" (5)

Frage von Don Angelo Mangano

Don Angelo Mangano, Pfarrer von »San Gelasio«, einer Pfarrei, die seit 2003 der pastoralen Sorge der Gemeinschaft »Missione Chiesa Mondo« anvertraut ist, hat bezeichnenderweise am Fest der Kathedra Petri von der Pastoral gesprochen. Er hat auf die Wichtigkeit hingewiesen, ein einzigartiges Zusammengehen zwischen geistlichem Leben und pastoralem Leben zu entwickeln, das nicht Organisationstechnik ist, sondern mit dem Leben der Kirche selbst übereinstimmt. Jesus selbst wird zur Synthese, hat der Priester gesagt, der den Heiligen Vater fragte, wie man dem Volk Gottes den Begriff der Seelsorge als wahres Leben der Kirche begreiflich machen könne und wie man es anstellen solle, damit sich die Seelsorge immer mehr von der Ekklesiologie des Konzils nähre.

Benedikt XVI.:

Das sind, wie mir scheint, verschiedene Fragen. Eine Frage ist, wie man die Pfarrgemeinde durch die Ekklesiologie des Konzils inspirieren kann, wie den Gläubigen vermittelt werden soll, diese Ekklesiologie zu leben; die andere Frage ist, wie wir handeln sollen, um in uns selber die pastorale Arbeit geistlich zu machen. Beginnen wir mit dieser letzten Frage. Eine gewisse Spannung zwischen dem, was ich absolut tun muß, und der Frage, welche geistlichen Reserven ich haben muß, bleibt immer bestehen. Das sehe ich immer wieder beim hl. Augustinus, der sich in den Predigten beklagt. Ich habe schon daraus zitiert: Ich würde so gern mit dem Wort Gottes leben, aber ich muß von früh bis abends bei euch sein. Augustinus findet jedoch dieses Gleichgewicht dadurch, daß er immer zur Verfügung steht, sich aber auch Zeit für das Gebet, für die Betrachtung des Heiligen Wortes vorbehält, weil er sonst nichts mehr sagen könnte.

Ich möchte hier besonders unterstreichen, was Sie darüber gesagt haben, daß die Pastoral niemals eine bloße Strategie, eine Verwaltungsarbeit sein dürfe, sondern immer eine geistliche Arbeit bleiben müsse. Sicher kann auch das andere nicht völlig fehlen, weil wir auf dieser Erde leben und es eben auch diese Probleme gibt, z. B. wie die Gelder richtig verwaltet werden sollen und dergleichen mehr. Auch das ist ein Bereich, der nicht völlig ausgeklammert werden kann. Aber der Grundakzent muß eben der sein, daß Hirt oder Seelsorger zu sein an sich ein geistlicher Akt ist. Sie haben mit Recht auf das Johannesevangelium, Kapitel 10, hingewiesen, wo der Herr sich als den guten Hirten bezeichnet. Und als ersten endgültigen Moment sagt Jesus, daß der Hirt vorausgeht. Das heißt, er zeigt den Weg, er tut als erster das, was die anderen tun sollen; er schlägt zuerst den Weg ein, der dann der Weg für die anderen ist. Der Hirt geht voraus. Das heißt, er selbst lebt vor allem das Wort Gottes: Er ist ein Mann des Gebets, ein Mann der Vergebung, ein Mann, der empfängt und die Sakramente als Akte des Gebets und der Begegnung mit dem Herrn feiert. Er ist ein Mann der gelebten und verwirklichten Liebe. Und so werden alle anderen einfachen Handlungen, wie Gespräche, Begegnungen und alles, was eben getan werden muß, zu geistlichen Handlungen in Gemeinschaft mit Christus. Sein »pro omnibus«, »für alle«, wird zu unserem »pro meis«, »für die Meinen«.

Er geht also voraus, und in diesem Vorausgehen ist, wie mir scheint, schon das Wesentliche gesagt. Im 10. Kapitel bei Johannes heißt es dann weiter, daß Jesus uns vorausgeht und sich selbst am Kreuz hingibt. Und das ist auch für den Priester unvermeidlich. Dieses Sich-selbst-Hingeben ist auch eine Teilhabe am Kreuz Christi, und dank dessen können auch wir in glaubwürdiger Weise die Leidenden trösten, auf der Seite der Armen, der Ausgegrenzten usw. stehen.

In diesem Programm, das Sie entwickelt haben, ist daher die Vergeistigung der täglichen Seelsorgearbeit von grundlegender Bedeutung. Das ist leichter gesagt als getan, aber wir müssen es versuchen. Und um unsere Arbeit vergeistigen zu können, müssen wir wiederum dem Herrn folgen. Die Evangelien sagen uns, daß er am Tag arbeitete und des Nachts auf dem Berg mit dem Vater war und betete. Ich muß hier meine Schwäche eingestehen: In der Nacht kann ich nicht beten, da möchte ich schlafen. Aber dennoch muß man ein wenig freie Zeit für den Herrn haben: Das schließt die Feier der Messe sowie das Stundengebet und die anschließende tägliche Betrachtung, auch wenn sie kurz ist, ebenso ein wie den Rosenkranz. Aber dieses persönliche Gespräch mit dem Wort Gottes ist wichtig. Nur auf diese Weise können wir die nötigen Reserven erhalten, um den Anforderungen des Lebens als Seelsorger zu entsprechen.

Nun ein zweiter Punkt: Sie haben mit Recht die Ekklesiologie des Konzils hervorgehoben. Mir scheint, wir müssen diese Ekklesiologie noch viel mehr verinnerlichen, und zwar sowohl die Ekklesiologie von
Lumen gentium wie jene von Ad gentes, das auch ein ekklesiologisches Dokument ist, sowie auch jene der kleineren Dokumente und sodann die Ekklesiologie von Dei Verbum. Durch die Verinnerlichung dieser Sicht können wir auch unser Volk für diese Sicht gewinnen, damit es erkennt, daß die Kirche nicht bloß ein großes Gebilde, eine dieser übernationalen Einrichtungen ist, die es gibt. Die Kirche ist, auch wenn sie Leib ist, Leib Christi und somit ein geistlicher Leib, wie der hl. Paulus sagt. Sie ist eine geistliche Wirklichkeit.

Mir scheint daher sehr wichtig zu sein, daß die Menschen sehen können: Die Kirche ist keine übernationale Organisation, keine Verwaltungs- oder Machtkörperschaft, keine Sozialagentur auch wenn sie soziale und übernationale Arbeit leistet , sondern ein geistlicher Leib. Wir müssen mit dem Volk Gottes beten, mit dem Volk zusammen das Wort Gottes hören, mit dem Volk Gottes die Sakramente feiern, mit Christus in der Liebe tätig sein usw. Vor allem in unseren Predigten müssen wir diese Sicht verbreiten. In diesem Sinn ist, so scheint mir, die Homilie eine wunderbare Gelegenheit, den Menschen nahe zu sein und ihnen die vom Konzil gelehrte Spiritualität zu vermitteln. Und auf diese Weise ist die Homilie, wenn sie im Gebet, im Hören des Wortes Gottes gewachsen ist, Vermittlung des Inhalts des Gotteswortes. Dann erreicht wirklich das Konzil unser Volk. Nicht jene bruchstückhaften Splitter der Publizistik, die ein falsches Bild des Konzils verbreitet haben, sondern die wahre geistliche Wirklichkeit des Konzils. Und so müssen wir immer von neuem mit dem Konzil und im Geist des Konzils durch die Verinnerlichung seiner Vision das Wort Gottes lernen. Wenn wir das tun, können wir uns auch unseren Mitmenschen mitteilen und so tatsächlich eine pastorale und spirituelle Arbeit leisten.

Additional Info

  • Untertitel:

    Frage von Don Angelo Mangano

  • Datum: Nein
  • Druck / PDF: Ja

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