Donnerstag, 1. März 2007

5. Frage: Praktische Hilfen für das Leben als Priester

Marco Ceccarelli: Diözese Rom, Diakon

5. Eure Heiligkeit, in den nächsten Monaten werden meine Mitalumnen und ich zu Priestern geweiht werden. Wir werden aus dem durch die Regeln des Seminars gut strukturierten Leben in die weit komplexere Situation unserer Pfarreien wechseln. Welche Ratschläge können Sie uns geben, um den Beginn unseres priesterlichen Dienstes so gut wie möglich zu leben?

Benedikt XVI.: Also hier im Seminar habt ihr ein gut gegliedertes Leben. Als ersten Punkt würde ich sagen, daß es auch im Leben von Hirten der Kirche, im täglichen Leben des Priesters wichtig ist, soweit wie möglich eine gewisse Ordnung zu bewahren: Es soll nie die Messe ausfallen ohne Eucharistie ist ein Tag unvollständig; deshalb wachsen wir ja schon im Seminar mit dieser täglichen Liturgiefeier; mir scheint sehr wichtig, daß wir das Bedürfnis spüren, beim Herrn zu sein in der Eucharistie, daß es nicht lediglich eine berufliche Verpflichtung, sondern wirklich eine innerlich empfundene Pflicht sein soll, die Eucharistie nie auszulassen.

Der andere wichtige Punkt ist, sich Zeit zu nehmen für das Stundengebet und damit für diese innere Freiheit: Das Stundengebet befreit uns trotz aller Lasten, die es gibt, und hilft uns auch, offener zu sein und in tiefem Kontakt mit dem Herrn zu stehen. Natürlich müssen wir all das tun, was uns das pastorale Leben, das Leben eines Kaplans, eines Pfarrers oder eine der anderen priesterlichen Aufgaben auferlegt. Doch würde ich sagen, daß diese Fixpunkte, die Eucharistie und das Stundengebet, nie vergessen werden sollen, um im Tag eine gewisse Ordnung zu haben, die ich mir wie ich eingangs sagte nicht immer wieder neu ausdenken muß. »Serva ordinem et ordo servabit te«, »Diene der Ordnung, und die Ordnung wird dir dienen«, so haben wir es gelernt.

Sodann ist es wichtig, die Gemeinschaft mit den anderen Priestern, mit den Weggefährten von einst nicht aufzugeben und den persönlichen Kontakt mit dem Wort Gottes, die Meditation, nicht zu verlieren. Wie kann das gelingen? Ich habe ein recht einfaches Rezept: Die Vorbereitung der Sonntagshomilie mit der persönlichen Betrachtung zu verbinden, um dafür zu sorgen, daß diese Worte nicht nur zu den anderen gesagt werden, sondern wirklich vom Herrn zu mir gesprochene und im persönlichen Gespräch mit dem Herrn gereifte Worte sind. Damit das möglich ist, lautet mein Rat, mit der Predigtvorbereitung schon am Montag zu beginnen, denn wenn man erst am Samstag beginnt, ist es zu spät, die Vorbereitung wird überhastet und es fehlt vielleicht die Inspiration, weil man andere Dinge im Kopf hat. Deshalb würde ich sagen, man soll sich schon am Montag einfach die für den nächsten Sonntag vorgesehenen Lesungen vornehmen, die vielleicht recht unzugänglich erscheinen. Etwa wie jene Felsen von Massa und Meriba, wo Moses sagt: »Wie kann Wasser aus diesen Felsen kommen?«

Lassen wir diese Lesungen ruhen, lassen wir zu, daß das Herz sie sich einverleibt; im Unterbewußtsein arbeiten die Worte und kehren jeden Tag kurz zurück. Selbstverständlich wird man, soweit es möglich ist, auch Bücher konsultieren müssen. Und dadurch, daß es ständig, Tag für Tag, in einem arbeitet, sieht man, wie allmählich eine Antwort heranreift. Nach und nach öffnet sich dieses Wort und wird zum Wort für mich. Und da ich ein Zeitgenosse bin, wird es auch zu einem Wort für die anderen. Ich kann beginnen, all das, was ich vielleicht in meiner theologischen Sprache erkenne, in die Sprache der anderen zu übersetzen. Der Grundgedanke bleibt jedoch für die anderen und für mich derselbe.

Auf diese Weise kann man eine dauernde, schweigende Begegnung mit dem Wort Gottes haben, die nicht viel von der Zeit erfordert, die wir vielleicht nicht haben. Aber etwas Zeit sollt ihr dafür reservieren: So reift nicht nur eine Predigt für den Sonntag, für die anderen heran, sondern mein eigenes Herz wird vom Wort des Herrn berührt. Ich bleibe mit ihm auch in einer Situation in Kontakt, wo mir vielleicht nur wenig Zeit zur Verfügung steht.

Ich möchte jetzt nicht zu viele Ratschläge geben, denn das Leben in der Großstadt Rom unterscheidet sich doch ein wenig von jenem Leben, das ich vor 55 Jahren in unserem Bayern geführt habe. Aber ich denke, das Wesentliche ist eben dies: Eucharistie, Stundengebet, Gebet und jeden Tag, wenn auch kurz, das Gespräch mit dem Herrn über seine Worte, die ich verkünden soll. Und niemals darf die Freundschaft mit den Priestern, das Hören auf die Stimme der lebendigen Kirche und natürlich die Verfügbarkeit für die mir anvertrauten Menschen verloren gehen, denn gerade von diesen Menschen mit ihren Leiden, ihren Glaubenserwartungen, ihren Zweifeln und Schwierigkeiten können auch wir Gott suchen und finden lernen. Unseren Herrn, Jesus Christus, finden lernen.

Additional Info

  • Untertitel:

    Marco Ceccarelli: Diözese Rom, Diakon

  • Datum: Nein
  • Druck / PDF: Ja

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