Patrick von Twickel lebt in Mittelfranken, ist verheiratet, Vater von vier Kindern zwischen 14 und 20 Jahren und führt mit seinem Schwager ein Unternehmen für Spritzgusstechnik. Er ist nun Diakon im Zivilberuf im Seelsorgebereich Oberer Aischgrund.
Herr Twickel, warum wird man Diakon?
Patrick: Das Thema ist schlagartig in mein Leben getreten. Ich hatte den Diakon im Nebenberuf nicht am Radar. Vor 15 Jahren hat mich ein Pfarrer aus dem Nichts darauf angesprochen, ob nicht das Diakonat das Richtige für mich wäre. Dann habe ich überlegt und es wieder verworfen. Damals waren meine Kinder auch noch relativ klein.
Wann ist die Frage wieder aufgetaucht?
Patrick: Als ich vor fünf Jahren an Schweigeexerzitien von Pater George Elsbett LC teilgenommen habe. In der ersten Einheit ist es um den Jüngling gegangen, der zu Jesus kommt und fragt: Was muss ich tun, um das Himmelreich zu erben? Und Jesus sagt: Du musst dich an die Gebote halten! Der Jüngling meint: Das habe ich alles gemacht. Dann sagt Jesus zu ihm: Verkaufe alles, was du hast und folge mir nach. (vgl. Mt 19,21) Das hat mich ins Herz getroffen.
Was macht man dann?
Patrick: Ich habe es einzuordnen versucht. Bei den Mahlzeiten während der Exerzitien sind Podcasts von Johannes Hartl über das Gebet abgespielt worden. Ich habe mich auf die Suche nach einem neuen Weg im Gebet gemacht, außerdem war da auf einmal wieder die Idee mit dem Diakonat.
Wie haben Sie die Antwort darauf gefunden?
Patrick: Nach den Exerzitien im Februar bin ich im Sommer mit meiner Schwiegerfamilie nach Assisi gereist. Meine Mutter war eine große Franziskus-Verehrerin, aber für mich war er ein etwas barfüßiger, lieblicher Mensch, der mit den Tieren redet. Doch der Franziskus, den ich dann in Assisi kennengelernt habe, hatte mit diesem Bild überhaupt gar nichts zu tun. Franziskus und Klara haben mich ganz tief ins Herz getroffen. Ich habe selten ein so spirituelles Erlebnis bei einer Sightseeing-Tour gehabt. Kurz vor der Rückreise habe ich entdeckt, dass der heilige Franziskus wohl auch ein Diakon gewesen ist.
Das war der entscheidende Punkt?
Patrick: Diese Reise war der krönende Abschluss dieses halben Jahres seit den Exerzitien. Ich habe dem Herrn zugestanden, dass die Hinweise ausreichend sind und mich erkundigt, was es für das Diakonat braucht. In der Domschule in Würzburg habe ich das erforderliche Grundstudium absolviert, um in den Interessentenkreis für die Ausbildung zum Diakonat aufgenommen werden zu können.
Nun sind Sie geweihter Diakon!
Patrick: Das ist etwas wirklich Schönes, aber schwer zu beschreiben. Tiefer in den Dienst hineingenommen zu sein und sich öffentlich zu bekennen. Man wird anders wahrgenommen, Menschen aus der Pfarrei fragen um Hilfe. Für sie kann ich da sein, kann also wieder etwas zurückgeben.
Zurückgeben, warum?
Patrick: Ich fühle mich so unglaublich gesegnet in meinem Leben, sodass ich auch gerne von diesem Segen etwas zurück- und abgebe. Ich habe das bei meiner Weihe beschrieben: Katholisch sein war für mich immer schon wie Ein- und Ausatmen. Ich bin von klein auf sonntags in die Kirche gegangen, es gab keine ernsthafte Diskussion darüber. Weil ich relativ früh mit den Legionären Christi in Kontakt gekommen bin, war dann auch der eigene Impuls dafür da. Ich lernte über meinen Bruder den ersten Legionär in Deutschland, Pater Eamon Kelly kennen. Mit den Legionären gab es über viele Jahre hinweg Berührungspunkte, mal mehr, mal weniger, ebenso bei meiner Frau. Pater Bennet Tierney bereitete uns auf die Ehe vor und hat bei unserer Trauung gepredigt. Wir haben an der Move in Bamberg und Regensburg teilgenommen. Später sind wird in eine lokale Regnum Christi-Gruppe hineingewachsen und haben dort Gemeinschaft erlebt.
Was ist das Regnum Christi, was sind die Legionäre Christi für Sie?
Patrick: Die Spiritualität des Regnum Christi und das, was mir die Legionäre Christi vermittelt haben, ist unglaublich prägend für meinen Glauben gewesen. Die Priester haben mich in die persönliche Beziehung zu Jesus Christus eingeführt.
Menschen zur Beziehung zu Jesus Christus zu führen: Ist das für Sie als Diakon der zentrale Aspekt?
Patrick: Ja! Wir erleben in der Kirche eine unheimliche Diffusion, ein Auseinanderfließen, seit Corona noch deutlich verstärkt. Selbst zu Ostern sind die Kirchen nicht mehr voll. Die Pfarreien als sozial wichtiger Ort sind schwächer geworden. Ich empfinde es so, dass vielen Menschen eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus fehlt.
Welche Botschaft haben Sie für diese Menschen?
Patrick: Dass wir mit ihm das Leben in Fülle haben können! Und dass er es wirklich für uns bereithält. Das ist meine felsenfeste Überzeugung. Was ich erlebe, ist das Leben in Fülle – und es hängt damit zusammen, dass ich im Glauben stehe.
Vater von vier Kindern, Unternehmer und jetzt Diakon zu sein, wie bringt man das unter einen Hut?
Patrick: Das werden die nächsten Jahre zeigen. Diakon werde ich auch in meiner Firma sein und versuchen, das als Chef mit christlichem Leadership klar zum Ausdruck zu bringen.
Wie geht man als Unternehmer mit der Aufforderung ´Verkauf deinen Besitz und gib ihn den Armen´ aus dem eingangs erwähnten Evangelium um?
Patrick: Es ist eine klare Ansage an das Verhältnis zu Vermögen und Eigentum, darauf muss ich eine Antwort finden. Das ist und bleibt herausfordernd. In diesem Zusammenhang hat mich der hl. Franziskus so getroffen, weil er sich in dieser radikalen Weise von allem Besitz losgesagt hat.
Hat sich in Ihrem Verhältnis zum Vermögen etwas verändert?
Patrick: Ich hoffe! Und nein, ich habe nicht alles verkauft und nicht alles den Armen gegeben. Aber ich habe auch vier Kinder. Entscheidend ist die letzten Endes die Frage, was einem das Wichtigste, das Heilige ist.
Was ist das Heilige für Sie?
Patrick: Jesus Christus nachzufolgen. Das ist immer wieder die Anfrage an mich selbst: Folge ich ihm nach? Versuche ich zu finden, was er will, dass sein Wille geschehe?
Ist mit dem Diakonat sein Wille geschehen?
Patrick: Ja! Das ist eine Anfrage, die ich mir immer wieder gestellt habe: Will er das – oder will ich das? Ich glaube, dass er es wollte. Es ist mir sukzessive klar geworden, dass mich der Herr mein ganzes Leben lang doch sehr klar geführt hat.
Sie waren bei den Exerzitien auf der Suche nach einem neuen Weg im Gebet. Was ist das Gebet für Sie?
Patrick: Die Grundlage von allem. Das Gebet ist nicht alles, aber ohne Gebet ist alles nichts – das stammt von Johannes Hartl. Als Diakon ist man angehalten, die Stundengebete zu beten. Das war eine völlig neue Erfahrung für mich und war anfangs mit den Psalmen durchaus schwierig. Inzwischen liebe ich das Stundengebet und stehe am Morgen gerne eine Stunde früher auf, um die Laudes beten zu können. Das verändert den Tag. Meine Frau sagt, das verändere auch die Familie. Es verändert ehrlich gesagt alles. Das feste Gebet ist lebensverändernd.
(Das Interview führte Franz Schöffmann.)