Mittwoch,
7. Mai 2025

Na, auch von dieser Bibelstelle überfordert?

7. Mai 2025

Mittwoch der zweiten Woche nach Ostern

Valérie van Nes

Joh 6,35-40
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben. Aber ich habe euch gesagt: Ihr habt gesehen und doch glaubt ihr nicht. Alles, was der Vater mir gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen; denn ich bin nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Das aber ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich keinen von denen, die er mir gegeben hat, zugrunde gehen lasse, sondern dass ich sie auferwecke am Jüngsten Tag. Denn das ist der Wille meines Vaters, dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben hat und dass ich ihn auferwecke am Jüngsten Tag.

Einführendes Gebet: Herr, diese Bibelstelle haben schon viele Gelehrte heiß diskutiert: Kommen nur diejenigen Menschen, die Gott dafür vorherbestimmt hat, in den Himmel (= Prädestinationslehre)? Ist der Glaube allein durch Gnade wirksam? Können wir uns den Himmel durch ein tugendhaftes Leben "verdienen"? Und müssen wir etwa den Verstand an der Garderobe abgeben, wenn wir gläubig sind?

Bitte: Herr, hilf mir, Antworten auf meine Fragen zu finden, wenn dies Dein Wille ist.

1. Der Philosoph Immanuel Kant. ... hat gesagt, dass Glaube nicht Wissen ist. Dass es aber noch etwas Drittes gibt, nämlich das "Meinen". Eine Meinung kann man mit besserem Wissen über den Haufen werfen. Ist mein Glaube schon Gewissheit oder nur Meinung? Wissen ist aber eigentlich nichts anderes als eine Form von Glauben, denn wer dem Zeugnis seiner Sinne oder Messgeräte glaubt, der vermeint zu wissen. Meistens stimmt dieses Wissen mit der Wahrheit überein, aber es kann auch fehlerhaft sein. Außerdem gibt es auch ein "Glaubenswissen". Solches Wissen wird uns aufgrund des Zeugnisses Gottes hin vermittelt, zum Beispiel dadurch, dass Gott sich uns in seinem Wort offenbart. Solches Wissen ist unumstößlich, denn Gott kann sich nicht irren und er täuscht niemanden – so wie manchmal unsere Sinne.

2. Martin Luther. ... hat in seinem Prinzip "sola fide" gesagt, dass Glaube allein durch Gottes Gnade (sola gratia) zustande kommt. Damit ist, laut wikipedia, "ein Akt des freien Willens seitens des Menschen undenkbar. In Bezug auf sein Gottesverhältnis ist der Mensch geknechtet." Das ist natürlich ein großer Irrtum, denn der Glaube ist gerade Gottes Zeugnis in uns und die freie Antwort des Menschen auf diese innere, intime Selbstbezeugung Gottes.

3. Der hl. Franz von Sales. ... hatte seine "Pariser Krise" aufgrund der calvinistischen Lehre, dass, egal, was der Mensch täte, es schon seit dem Zeitpunkt seiner Zeugung von Gott entschieden sei, ob man in den Himmel oder in die Hölle käme. Im Gebet vor einer schwarzen Madonna kam dem hl. Franz von Sales die Erleichterung: Gott ist die Liebe und Liebe kennt nichts Böses, sonst wäre es nicht die Liebe. Der Wille Gottes für uns ist also immer das Beste für uns. Und unsere Freiheit konkurriert nicht mit seiner Freiheit, sondern sie ist in Ihn eingebettet.

Gespräch mit Christus: Der Glaube ist nicht einfach nur eine Meinung, denn er ist zutiefst mit der Wahrheit verbunden. Glaube ist aber auch Risiko. Denn ich weiß nun einmal nicht alles. Schließlich bin ich nicht allwissender Gott. Aber ich vertraue. Denn "ich weiß ja, wem ich geglaubt habe." (Tim 1,12)

Vorsatz: Ich nehme mir heute eine kurze Auszeit, um darüber zu meditieren: Ist mein Glaube Meinung oder Wissen?