Donnerstag, 4. März 2021

Wenn Einschränkung zum Gewinn wird

Im Januar erkrankten einige Gottgeweihte Frauen des Regum Christi an Corona und das ApostelHaus Ratingen musste für zwei Wochen seine Tore schließen – Sarah Briemle erzählt, wie sie die Quarantäne erlebt hat.

Was wenn deine Frustansammlung der beste Ausgangspunkt für Verbesserung in deinem Leben ist? Was, wenn Einschränkung deine offene Tür in die Freiheit ist?

Adjektive gäbe es zu Genüge, um die Anspannung der letzten Monate zu beschreiben und mit Sicherheit wären positive Umschreibungen eher eine Rarität. Die Menschheit in ihrer großen Mehrheit teilt momentan Fragen wie: Wann hört das endlich auf? Wird es überhaupt jemals aufhören? Wie soll das weitergehen? Globale Anspannung und Frust reichen bis hin zu Verzweiflung und Angst. Sind Verheißungen der Heiligen Schrift wie „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht“ (Röm 8, 28) spiritualisierte Motivationszeilen? Ist christliche Hoffnung mittlerweile Naivität?

Vom Virus eingeholt

Im Januar hat es das Corona-Virus auch in unsere Gemeinschaft geschafft. Das bedeutete mindestens zwei Wochen lang mit zehn Frauen krank in einer Wohnung eingesperrt zu bleiben. Natürlich gibt es weitaus dramatischere Lebenssituationen, aber menschlich gesehen war es trotzdem schwer. Zehn Monate Müdigkeit lagen hinter uns: Beständiger Entzug von menschlichen Begegnungen, so wenig unbeschwertes Beisammensein, so viele geplatzte Projekte, in die wir schon Energie, Leidenschaft und Zeit gesteckt hatten, nervige und angespannte Begrüßungsriten, keine Feiern, anstrengende Sitzungen über Hygienekonzepte, eingeschränkte Spontanität, ständige Planungsunsicherheit und vor allem so viel Hilflosigkeit, wenn Menschen leiden und wir unser ApostelHaus als Kirche nicht einfach weit öffnen dürfen. Dazu kam jetzt Energieverlust durch Krankheit, keine erfrischenden Spaziergänge in der Natur mehr und ein unproduktiver Januar in Sicht. Da blieben uns nur unsere vier Wände und viel Zeit zum Auskurieren.

Gewinn durch Entzug

Fast überrascht stellte ich bei meinem ersten Spaziergang nach zwei Wochen Quarantäne fest, dass ich zwar immer noch körperlich geschwächt war, aber etwas in meinem Inneren zur Ruhe gekommen war. Innere Anspannungen und Gedanken empfand ich als sortierter. Ich war gelassener. Es war ohne viel Zutun passiert und doch konnte ich für mich ganz klar erkennen, dass es einen entscheidenden Schlüssel gegeben hatte: komplette Annahme der Situation, so wie sie war. Entzug war in diesem Moment einfach an der Zeit und sich dagegen zu wehren wäre sinnlos gewesen. Vielleicht könnten wir es auch Kapitulation nennen.

Warum erfahren wir dann Entzug oftmals aber als belastend? Entzug ist solange anstrengend und beunruhigend, wie wir uns innerlich dagegen wehren. Wir empfinden eine Art Pflichtgefühl ungerechte Situationen nicht einfach hinzunehmen. Diese innere Abwehrhaltung stellt uns in ein Spannungsfeld. Ärger als minimale Kampfansage scheint passend, wenn uns wertvolle Dinge genommen werden. Wir könnten es sogar als den „guten Kampf“ (s. 1 Tim 6, 12) empfinden.

Doch genau an dieser Stelle verbirgt sich so oft eine Täuschung. Entzug kann erst dann zum erfahrbaren Segen werden, wenn wir aufhören uns innerlich dagegen zu wehren. Erst in der Annahme wird er zum überdimensionalen Gewinn: „Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?“ Mt 16, 25f

Ist Kampf nicht der einzige Weg zum Besseren?

Sollen wir Christen dann nicht für Veränderung kämpfen und ist Abwehrhaltung in dieser Welt nicht der einzige Weg zum Besseren? Dieser Frage steht eine These gegenüber: Wenn wir zum Leben geschaffen und berufen sind ist der einzig lohnenswerte Kampf der, der mich lebendiger macht. Welch positive Revolution würde anbrechen, wenn wir, statt dem Virus zu entfliehen „dem Frieden nachjagen“ würden (s. Ps 34, 15)! Genau davon spricht Paulus in 1 Tim 6, 12: „Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist und für das du vor vielen Zeugen das gute Bekenntnis abgelegt hast!“

Jesus Christus ruft uns in einen Kampf für das Gute und doch hat er selber in seiner Menschennatur Begrenztheit angenommen. Sogar Er musste sich menschlich gesehen auf einen sehr kleinen Einflussbereich beschränken. Hätte er nicht in dreiunddreißig Jahren die politischen Systeme der Welt revolutionieren können? Hätte er nicht alle Ungerechtigkeit auslöschen können? Hätte er nicht alle Machthaber bekehren können? Hätte er die Leprakrankheit nicht einfach beseitigen können? Jesus Christus hat seine Energie, Zeit und Leidenschaft in einen überschaubaren Menschenkreis investiert, er tat denen großzügig Gutes, denen er begegnete, erlebte, dass Pläne scheitern und doch reichte seine Liebe unendlich und uneingeschränkt weit.

Auf keinen Fall sollen wir als Christen einfach zusehen, was um uns herum geschieht. Liebe verträgt keine Gleichgültigkeit. Der „gute Kampf“ bewegt sich jedoch in meinem eigentlichen Einflussbereich, indem ich genau diesen mit Kraft und Liebe fülle. Im Buch von Steven CoveyThe Seven Habits of Highly Effective People“ geht es um ein Ausbrechen aus unserem „cicle of concern“ (was mir Sorgen, Angst und Ärger bereitet) in einen „circle of influence“ (was ich tatsächlich beeinflussen kann). Alles außerhalb meines Einflussbereichs verdient keine Lebenskraft von mir. Gott verheißt uns so viel Leben und sein Segen wartet genau in diesem Einflussbereich auf uns.

Ein Jahr voller Einschränkungen hinter uns und eine undefinierte Zeit voller Entzug vor uns stellt uns in eine ideale Situation vor unserem Gott zu kapitulieren. Machen wir diese Zeit zum Segen! Sie birgt alles Potenzial dafür in sich.

Gottes Segen,

Eure Sarah Briemle

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    Im Januar erkrankten einige Gottgeweihte Frauen des Regum Christi an Corona und das ApostelHaus Ratingen musste für zwei Wochen seine Tore schließen – Sarah Briemle erzählt, wie sie die Quarantäne erlebt hat.

  • Kategorie News : Aktuelles aus anderen Bereichen
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  • Druck / PDF: Ja
  • Region: Deutschland, Österreich

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