„Ein Ort, der etwas vom Himmel widerspiegelt“

Feierliche Altarsegnung im neuen „Zentrum Johannes Paul II.“ in Wien – 350 Menschen, darunter 80 Kinder, feierten diesen besonderen Moment mit.

Großer Gott, wir loben dich!“ aus hunderten Stimmen, begleitet von den jungen Musikern, hätte zum Abschluss der Altarsegnung im neuen Zentrum Johannes Paul II. in Wien wohl kaum berührender klingen können: Wir haben ein neues Zuhause! Die offizielle Eröffnungswoche „Open House – Open Hearts“ in der Praterstraße 28 startet am Sonntag, 28. September.

Ein Haus für Gebet und Gemeinschaft

„Schwestern und Brüder, treten wir nun im Geist des Gebets vor den Herrn, der die Kirche und ihren Altar heilig macht. Möge der Ort, den wir segnen, zu einem lebendigen Haus des Gebets, der Gemeinschaft und der Liebe werden.“ Mit diesen Worten läutete Nikolaus Krasa, Delegat des Apostolischen Administrators der Erzdiözese Wien, die feierliche Segnung des Altars, der Kapelle und des Tabernakels ein, zu der vor allem die Gemeinde und deren Wohltäter eingeladen waren. Die Freude war groß, zumal bei der hl. Messe auch zwei Taufkandidaten ins Katechumenat aufgenommen wurden.

Eva Papic hatte für diesen Tag das Lied mit dem treffenden Titel „Wir kommen nachhause“ geschrieben, die zentrumseigene Worship-Band mit Klavier, Streicher, Gitarre, Flöte und Schlagzeug begeisterte damit und mit einer Musik, die die Sprache der Zeit spricht. Die Kapelle – ja, das ganze Haus – ist nun ein Haus des Herrn.

Der Altar als Tisch Gottes

In seiner Predigt griff Nikolaus Krasa die Lesungen des 23. Sonntags im Jahreskreis auf: das Evangelium nach Lukas (14,25–33) über die Bedingungen der Nachfolge Jesu und die alttestamentliche Lesung aus dem Buch der Weisheit (9, 13-18) mit Salomos Bitte um ein hörendes Herz. Von dort spannte er den Bogen bis zu Abrahams Berufung, in der Gott spricht: Lech lecha – Geh, es ist gut für dich! Diese biblischen Bilder laufen in der Feier der Eucharistie zusammen, sichtbar am neuen Altar.

Er deutete den Altar mit Hilfe der berühmten Ikone von Andrei Rubljow (1360-1430), die die Begegnung Abrahams mit den drei Engeln bei den Eichen von Mamre darstellt. Auf der Ikone sind Abraham und Sara nicht zu sehen, sondern nur die drei Gäste, die in der christlichen Tradition als Abbild der Dreifaltigkeit gedeutet werden. Der Tisch, an dem sie sitzen, ist nicht nur ein einfacher Esstisch, sondern er trägt die Merkmale eines Altars: ein Reliquienfach und eine Schüssel, die wie ein Kelch aussieht – schon hier leuchtet die Eucharistie durch. Entscheidend ist. Die Vorderseite des Tisches ist frei. Wer die Ikone betrachtet, wird eingeladen, selbst Platz zu nehmen. So wird sichtbar: Gott lädt den Menschen ein, mit ihm an einem Tisch zu sitzen, mit ihm Mahl zu halten, Gemeinschaft zu leben. Der Altar, der an diesem Tag gesegnet wird, ist also der Tisch, an dem der Himmel die Erde berührt, wo Christus selbst Gastgeber ist, wo er uns stärkt und wo wir erfahren dürfen: Es ist gut für dich. (Lech lecha)

Geh in ein neues Land!

Am Abend zuvor, nach der feierlichen Übertragung des Allerheiligsten von der Marxergasse rückte Zentrumsleiter Pater George Elsbett LC das Wort Gottes aus Gen 12,1Verlass dein Land und geh!“ in den Mittelpunkt und stellte den Einzug in die Praterstraße in diese Tradition: „Wir sind über unseren Jordanfluss, den Donaukanal, rübergegangen und hier in einem neuen Land angekommen.“ Dieses neue Land deutete er in drei Dimensionen:

  1. Die Verheißung des Himmels: Der Mensch ist geschaffen für mehr als nur Erfolg, Anerkennung oder Genuss. „Das Ziel des Menschen ist der Himmel. […] Christsein ist der größte Humanismus aller Zeiten, weil er dem Menschen eine unendliche Würde zuspricht.“
  2. Berufung zur Heiligkeit: Christsein heißt, sich nicht mit dem Mittelmaß zufriedenzugeben. „Der Mensch ist geschaffen für die großen Höhen und die tiefen Gewässer, nicht für die Pfütze am Land. […] Heiligkeit heißt, innerlich frei zu sein, weil Gott an erster Stelle steht.“
  3. Erneuerung von Kirche und Gemeinde: Pater George erinnerte an seine eigene Umkehr vor zehn Jahren: „Ich habe mich als Dienstleister verstanden. Aber es geht nicht darum, dem Pater bei seinen Sachen zu helfen, sondern darum, dass wir gemeinsam als Kirche unterwegs sind, diese Stadt zu Jesus zurückzuführen.“

 

Im neuen Zentrum sollen die Menschen erfahren können: „Wir richten das Haus schön ein, aber nicht für uns, sondern damit es ein Ort wird, der etwas vom Himmel widerspiegelt – in der Art, wie wir sind, wie wir miteinander umgehen und wie wir den Menschen dieser Stadt dienen.“

Zwei Jahre Bau und viele kleine Wunder

In einem beispiellosen Kraftakt hatten Dutzende Helfer die Tage zuvor fast alle Arbeiten abschließen und das Zentrum erstrahlen lassen können. Berge an Verpackungsmaterial, bei 2.300 m2 Fläche auf sieben Ebenen kommt jede Menge Einrichtung zusammen, stapelten sich in den Räumen und Gängen und schließlich vor dem Zentrum. Fürs Entsorgen waren mehrere Lkw nötig. Das von einem Südtiroler Schnitzer geschaffene, drei Meter hohe Holzkreuz mit dem Korpus wurde noch in der Nacht zum Samstag aufgezogen. Das spannende Zeitraffer-Video von einem Handwerksstück erster Klasse wurde tausende Male geklickt.

Und in den Tagen und Nächten vor der Altarsegnung ereigneten sich immer wieder kleine Wunder. Zum Beispiel jenes, dass ein Finanzmanager mit einem Faible fürs Handwerken vom neuen Zentrum hörte, im Web danach googelte, plötzlich mit einem Werkzeugkoffer vor der Tür auftauchte und fragte, ob er denn helfen könnte. Und ob! Mehrere Stunden lang legte er fleißig Hand an, schraubte, bohrte, befestigte, montierte – so wie alle anderen auch um Gottes Lohn – und entschwand in der Nacht.

Pater George hat diese und andere Ereignisse und Wendungen in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit dem Bau des neuen Zentrums auf seinem PC festgehalten und nennt diese Sammlung „Chronicles of a Miracle“. Er werde die mal veröffentlichen, kündigte er an, aber erst, wenn wieder etwas „ruhigere Tage“ ins Land ziehen werden. Aber auch ohne diese „Chroniken eines Wunders“ war an diesen beiden Tagen für jede und jeden in der Zentrumsgemeinde spürbar und erlebbar: Gott wirkt. Ohnehin hatten ja viele, die hierherkamen, schon ihre eigenen (Glaubenswunder)Geschichten im Gepäck.

Dankbarkeit und neue Perspektiven

Zwei Jahre intensiver Bauzeit mit allen Höhen und Tiefen mündeten an diesem Wochenende in einem einzigen Lobpreis: Gott ist groß! Die einen strahlten an diesen beiden Tagen vor Freude, Dankbarkeit und Erleichterung, die anderen weinten deswegen. David Schwarzbauer, neben Anna Schinnerl Vollzeit-Missionar und ein Mann der ersten Stunde des Zentrums, rang nach Worten: „Die Altarsegnung ist der unbeschreibliche und sehr emotionale Höhepunkt einer langen Reise. Für mich als Missionar ist das ein unglaublicher Moment, weil wir hier auf einmal so viele Möglichkeiten haben. Ich bin unendlich dankbar und schaue mit Freude und Offenheit auf die Zukunft.“

Ziel ist es vor allem, durch neue Wege Menschen zu erreichen, die der Kirche fernstehen, und sie dazu befähigen, missionarische Jünger zu werden – und anderen Gemeinden zu helfen, dasselbe zu tun.

Open House – Open Hearts

In der Eröffnungswoche „Open House – Open Hearts“ vom 28. September bis 5. Oktober ist das neue Zentrum für alle offen. Am Programm stehen unter anderem das Pfarrfest mit Gottesdienst in St. Nepomuk (28.9.), der Beziehungstalk „Couple Answers“ (1.10.), das Alpha Youth Launch-Event (3.10.), der Family Day (4.10.) und der Abend der Barmherzigkeit (4.10.). Mit diesen Veranstaltungen lädt das Zentrum Johannes Paul II. ein, den Glauben neu zu entdecken, Gemeinschaft zu erleben und mit offenen Herzen anzukommen.

Das vollständige Programm finden Sie hier.

Daten und Fakten zum neuen „Zentrum Johannes Paul II.“

Fläche: 2.300 m2 Nutzfläche, verteilt auf sieben Geschoße
Räume: Zentral sind die Kapelle für etwa 300 Personen und das straßenseitig gelegene, täglich geöffnete Willkommenscafé „Karol“ (der Vorname des Namenspatrons hl. Johannes Paul II.), dazu kommen Räume für Gemeinschaft, Priester und Büros sowie 13 Hotelzimmer.
Gesamtkosten: rund 22 Millionen €, werden zur Gänze aus Spenden aus dem Umfeld des Zentrums finanziert.
Nachhaltigkeit: Eine zentrale Wasser-Wasser-Wärmepumpe mit einer Leistung von 80 Kilowatt heizt, kühlt und bereitet Warmwasser auf. Der Energieverbrauch wird durch eine Reihe von Maßnahmen gesenkt: Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung, Sanierung der Außenhülle (Wärmedämmung straßenseitig innen und hofseitig außen) und Einbau von hochwertigen, dreifach verglasten Fenstern. Durch die Aufstockung um zwei Geschoße werden ebenso Energieverluste minimiert. Am Dach produziert eine PV-Anlage Sonnenstrom, das Zentrum hat eine Energiegemeinschaft mit einem Wasserkraftwerk gegründet.

Weiterführende Links

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