„Eine frische Lebendigkeit des Glaubens“

Er pendelt wöchentlich mehrfach zwischen Wien und Bratislava und bewegt sich damit auch zwischen zwei geistlichen Wirklichkeiten: Pater Štefan Kavecký LC lebt eine Mission ohne Netz – getragen von Ehrenamtlichen, junger Dynamik und einem Glauben, der still und beständig ist.

P. ŠTEFAN KAVECKÝ LC ÜBER

SEINE ARBEIT IN BRATISLAVA

Pater Štefan, Sie leben in Wien, arbeiten aber in Bratislava. Wie sieht Ihr Alltag zwischen zwei Städten – oder auch Welten – aus?
P. Štefan: Was meine apostolische Arbeit angeht, bin ich für das Regnum Christi in der Slowakei tätig, von Wien aus. Gleichzeitig lebe ich in der Gemeinschaft im Zentrum Johannes Paul II. Wien, ich schlafe dort. Montag und Dienstagvormittag bin ich Wien, Dienstagnachmittag und Mittwoch in Bratislava, Donnerstag und Freitagvormittag in Wien, Freitagnachmittag und Samstag in Bratislava, Sonntag in Wien und Bratislava. In diesem Sinne bin ich tatsächlich ein Pendler zwischen zwei Welten.

Was unterscheidet diese beiden Welten?
P. Štefan: Wien und Bratislava sind geografisch nah beieinander und doch verschieden. In Wien spürt man die Vielfalt einer großen, internationalen Stadt. Sie ist stark multikulturell und multireligiös geprägt. Wenn man auf eine öffentliche Schule schaut, sieht man das deutlich: Viele Kinder gehören gar keiner Konfession an, danach kommen Muslime – und erst dann die Christen. In der Slowakei ist das anders. Dort gibt es kaum islamischen Einfluss und Religion hat, zumindest im traditionellen Sinn, noch eine sichtbarere Präsenz im Alltag. In Bratislava erlebe ich eine Kirche, die jünger und aktiver ist. Gerade in der Jugendpastoral spürt man eine lebendige Dynamik, ein frisches Engagement, vieles entsteht aus Eigeninitiative.

Was kann Wien von Bratislava lernen – und umgekehrt?
P. Štefan: Wien kann von Bratislava die Herzlichkeit und Spontanität lernen, Bratislava von Wien die Struktur und die Weite im Denken.

Wie kommen Sie als Pendler zwischen diesen beiden Lebenswelten zur Ruhe?
P. Štefan: Mit der Zeit habe ich eine Leichtigkeit darin gewonnen, zwischen den beiden Welten zu wechseln. Bratislava ist meine Herkunft, aber Wien ist mir ebenfalls vertraut geworden. Die Ruhe finde ich nicht so sehr an einem bestimmten Ort, sondern in der Fähigkeit, innerlich präsent zu bleiben – egal, wo ich gerade bin. Im Evangelium heißt es, dass man um Christi Willen Vater, Mutter, Haus, Brüder und Schwestern verlässt und das Hundertfache zurückbekommt. Das ist für mich wahr geworden: Man wird an hundert Orten beheimatet – und bleibt zugleich heimatlos.

Wie sieht die Arbeit des Regnum Christi in Bratislava konkret aus?
P. Štefan: Wir haben zwei wichtige Elemente: Gemeinschaft und Sendung.
Die Gemeinschaft ist dreigeteilt: RC-Mitglieder, Freiwillige, die ein Jahr fix dabei sind, und Teilnehmer an Veranstaltungen. Sieben Teams arbeiten regelmäßig an einem Projekt.
Was die Sendung angeht, haben wir fünf große Projekte: verschiedene geistliche Angebote, das Programm „Power“ für die Jugend – vergleichbar mit ECYD, das „Prímestsky tábor“-Camp, Aktivitäten übers Jahr und das Zentrum „Mies To“.
2024 hatten wir rund 120 Veranstaltungen – die von vier Stunden bis zu einer Woche dauern – und ungefähr 1.500 Teilnahmen. Vieles ist vom Ehrenamt getragen. Wir haben eine Kraft, die 15 Stunden angestellt ist. Allein für die Organisation der Veranstaltungen ist der logistische Aufwand groß.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen dabei noch?
P. Štefan: Einerseits die fehlende Struktur – vieles ist vom Ehrenamt getragen. Andererseits das Tempo. Ich wünsche mir oft, dass Dinge schneller wachsen. Und dann ist da die Realität: Bei uns in Bratislava sind es mehr Veranstaltungen, zu denen man absichtlich kommen muss. Die Entscheidungshürde ist höher, wenn ich sage: Ich gehe jetzt vier Tage dort hin.
Auch das Gebet im Alltag ist eine Herausforderung. Ich erinnere mich an Studenten während der Prüfungszeit: „Jetzt habe ich keine Zeit zum Beten, ich muss lernen.“ Das zeigt, wie schwierig es ist, Raum für das Spirituelle offenzuhalten.
Zudem schreibe ich aktuell an einer Dissertation zum Thema „Die Gemeinschaft der Gesandten“ an der Comenius Universität in Bratislava. Dabei geht es darum, wie in Bratislava die missionarisch-synodale Konversion der Kirche stattgefunden hat bzw. stattfindet.

Raum für das Spirituelle offenhalten – wie wirkt sich denn das Umfeld auf Ihren Glauben aus?
P. Štefan: Die säkulare Umgebung prägt mich stark – und nicht immer ist das leicht. Ich merke, dass sie sich auf meinen Glauben auswirkt, manchmal schwächt sie ihn sogar. Wenn man tagtäglich Menschen begegnet, für die Gott scheinbar keine Rolle spielt, können leise Zweifel entstehen. Manchmal frage ich mich: Haben sie vielleicht etwas verstanden, was ich nicht verstanden habe? Diese Gedanken kommen subtil.

Was hilft dann?
P. Štefan: Dann hilft mir nur die Rückkehr ins Gebet, in die Beziehung zu Christus. Ich erinnere mich an Erfahrungen seiner Gegenwart – das ist wie ein Fundament, das trägt. Gerade in dieser Spannung – zwischen säkularer Umgebung und persönlichem Glauben – wird der Glaube geläutert und tiefer.

Sie sind der einzige Legionär Christi vor Ort. Fühlen Sie sich manchmal allein?
P. Štefan: Ja, schon. Ich kann zwar berichten, dass mir meine Mitbrüder zuhören, aber es ist nicht dasselbe wie jemanden zu haben, der die tägliche Arbeit wirklich mitträgt. Gleichzeitig bin ich dankbar für die Laien, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten mitgehen. Viele sehen das Regnum Christi nicht nur als Bewegung, sondern als gemeinsamen Weg. Trotzdem bleibt die Spannung zwischen Gemeinschaft und Alleinsein – und vielleicht wird dort Gott oft besonders spürbar.

Sie nannten zuvor „Mies To“ als ein Herzstück Ihrer Arbeit. Warum?
P. Štefan: „Mies To“ heißt „der Ort“. Das ehemalige Casino soll ein Raum der Begegnung, Inspiration und Gelegenheiten werden, etwas Gutes zu tun. Für mich ist es mehr als ein Projekt. Seit 2019 haben wir versucht, ein geeignetes Gebäude zu finden, aber vieles ist schiefgegangen. 2024 eröffnete sich plötzlich diese Möglichkeit. Ich wusste: So eine Chance kommt nicht wieder. Mehr als 1.000 ehrenamtliche Stunden sind bereits hineingeflossen. „Mies To“ ist eine Schule des Lebens und des Vertrauens. Wir haben keine Sicherheiten und viele offene Fragen – aber ich spüre, dass Gott führt.

Inwiefern hat Sie diese Arbeit in der Slowakei als Priester geprägt?
P. Štefan: Ich habe nach der Weihe die wichtigsten priesterlichen Erfahrungen gesammelt. Ich nenne es das „Wachstum des Realismus“ – ähnlich dem Weg des Petrus in Johannes 21. Ich habe gedacht, ich liebe Jesus mehr als alle anderen. Aber nach und nach merke ich, dass besondere Menschen in ihrer Liebe vielleicht stärker sind und dass es gar nicht darum geht zu vergleichen. Es ist eine Schule des Loslassens. Viele Kanten werden abgebaut – gerade in der Kommunikation mit Laien und in der Teamarbeit. Das fordert mich, andere Perspektiven wahrzunehmen, zu berücksichtigen, anzunehmen.

Gab es Momente, in denen Sie besonders gespürt haben: Ja, dafür bin ich Priester geworden?
P. Štefan: Ganz einfach in den Begegnungen. Ein Erlebnis bleibt besonders: In Rom kam eine Frau in die Kirche, fragte, ob sie beichten könne – nach 25 Jahren. Am Ende fragte sie mit Tränen, ob sie wieder zur Kommunion gehen dürfe. Da war klar: Gott hat eine Tür geöffnet. Auch im Power-Programm sehe ich das. Wenn Jugendliche durch Verantwortung wachsen und reifen. Eine Mutter sagte über ihren Sohn: „Lukas ist jetzt ein ganz anderer Mensch geworden.“

Was trägt Sie, wenn es schwer wird?
P. Štefan: Ich wünschte, ich hätte ein einfaches Rezept. Manchmal trägt das Gebet, manchmal Bewegung, ein Gespräch, ein gutes Essen oder Geduld. Letztlich trägt mich der Herr selbst. Still und beständig. Nach meinem Fahrradunfall am 16. August 2025 lag alles still – und in dieser Stille war Jesus da und treu in Seiner Gegenwart.

Sie sagten: Viele Kanten werden abgebaut … aber das Feuer ist nach wie vor da?
P. Štefan: Das Feuer im Herzen Christi ist sicher noch da. Bei mir ist es manchmal eher ein glimmender Docht. Es gibt Phasen voller Eifer und andere, in denen die Flamme kleiner ist. Dann gehe ich jeden Tag neu zum Herrn, um Kraft zu empfangen. Das Feuer, das wirklich trägt, ist nicht meines – es ist Seines.

Was wünschen Sie sich für Bratislava und Ihre Arbeit?
P. Štefan: Dass „Mies To“ abgeschlossen und ein lebendiger Ort wird, an dem Menschen Gott begegnen. Dass mehr Laien Verantwortung übernehmen. Und dass wir dem Herrn Ehre erweisen – vielleicht gar nicht im großen Stil, sondern dort, wo Menschen spüren: Hier geschieht etwas Gutes, getragen vom Evangelium.

Das Interview führte Franz Schöffmann.

Er pendelt wöchentlich mehrfach zwischen Wien und Bratislava und bewegt sich damit auch zwischen zwei geistlichen Wirklichkeiten: Pater Štefan Kavecký LC lebt eine Mission ohne Netz – getragen von Ehrenamtlichen, junger Dynamik und einem Glauben, der still und beständig ist.

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